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DWS – Infrastructure Strategic Outlook 2025:

Eine Lücke von 2,5 Billionen bis 2030

Eine Fondsgesellschaft hat für ihren neuen Infrastructure Research zurück und nach vorn geblickt: Im Rückspiegel hat man positive Gesamtrenditen registriert, wenngleich unter dem langfristigen Durchschnitt. Nach vorn hat man grüne Vorzeichen ausgemacht, schätzt sechs Billionen Euro Investitionsbedarf allein für Dekarbonisierung und digitale Transformation in einem einzelnen Kontinent, aber siehtdie öffentliche Hand nur teils in der Lage, dies zu stemmen. Und: Stellt sich jetzt die Frage des Crowding out?

Manche mit mehr Resilienz: Das höhere Zinsumfeld hat 2024 Bremsspuren auch bei – der grundsätzlich sehr gefragten – PE-Infrastruktur hinterlassen, trotz insgesamt positiver Perfomance. Aber: Die gestiegenen Zinsen haben sich aber nicht auf alle Infrastrukturbereiche gleichermaßen ausgewirkt, so Richard Marshall. Der Head of Research für Infrastructure der DWS erläutert in dem 21. Seiten starken „Infrastructure Strategic Outlook 2025“ seines Hauses, dass in der zweiten Jahreshälfte 2024 einige Vermögenswerte unempfindlich gegenüber dem Druck der höheren Zinsen waren, leider ohne diese genauer zu spezifizieren. Greenfield-Entwicklungsprojekte mit hohem Kapitalbedarf erfuhren hingegen häufig eine Neubewertung, was zu einer Anpassung der Multiples führte.

Insgesamt, so die DWS, habe PE-Infrastruktur das höhere Zinsumfeld im Vergleich zu anderen Anlageklassen sehr gut verkraftet und seinen Wert behalten. Die durchschnittlichen Enterprise Value (EV)/EBITDA-Multiple lagen 2024 nur geringfügig unter den ab dem Jahr 2010 errechneten Durchschnittswerten.Quelle: DWS; Region: global; Stand: Dezember 2024 (2024 YTD: Januar bis November 2024); Grafik zur Volldarstellung anklicken.

Natürlich war der Infrastruktursektor in den Jahren 2023 und 2024 nicht besonders liquide, aber bemerkenswerte Transaktionen hochkarätiger Infrastrukturvermögenswerte haben gesunde Multiples erreicht, die im Einklang mit oder über den langfristigen historischen Durchschnitten liegen“, so der Report.

Quelle: DWS; Region: global; Stand: Dezember 2024; Grafik zur Volldarstellung anklicken.nGrafik zur Volldarstellung anklicken.

Wo einsteigen?

Bei Sektoren mit der stärksten Neubewertung und weiterhin ordentlich säkularem Rückenwind könnte jetzt ein guter Zeitpunkt zum Investieren sein, so Marshall. Dazu zählt er: die Entwickler erneuerbarer Energien, Glasfaserunternehmen sowie Ladeinfrastrukturbetreiber für Elektrofahrzeuge.

Die Kristallisierung der Bewertungen in den anfälligeren Sektoren und das Bestreben, Kapital einzusetzen, wird voraussichtlich die Transaktionsaktivitäten antreiben“, führt Marshall aus. Aber: aufgrund des höheren Zinsumfeldes werden die Due Diligence-Prozesse intensiver werden. Dies bremse möglicherweise das Volumen der Transaktionen, welche einen finanziellen Abschluss erreichen.

Dennoch: Für 2025 ist der Ausblick aufgrund moderaterer Zinsen und des Drucks, Kapital an Investoren zurückzugeben, positiver. Während Marshall aufgrund der neuen Administration für die USA einen Investitionsboom erwartet, sieht er für Frankreich und Deutschland erhöhte politische Risiken (s.u.).

Die Anzahl der großkapitalisierten Vermögenswerte, die geeignete Investitionsmöglichkeiten darstellen, ist begrenzt.“

Wichtiges Thema für die Marktteilnehmer bleibt die Zukunft großer Fonds. Der DWS-Experte sieht die Möglichkeit, „dass der Wettbewerb unter Großkapitalfonds intensiver wird, da die Anzahl der großkapitalisierten Vermögenswerte, die geeignete Investitionsmöglichkeiten darstellen, begrenzt ist“, so Marshall. Heißt: Das Universum an guten, großen Infrastruktur-Investments stößt an seine Grenzen? Und suchendes Geld gibt es genug?

Jedenfalls verweist Marshall auf inzwischen über 25 Fonds mit Zielgrößen von über 10 Mrd. US-Dollar in den Jahrgängen 2022 bis 2024, von denen acht über 20 Mrd. US-Dollar anstreben. Seine Befürchtung: dass der Wettbewerb außergewöhnliche Preise für die Vermögenswerte schafft. Dies könne das Potenzial für Wertschöpfung untergraben.

Dieses Jahr alles besser?

Wie dem auch sei, für 2025 erwartet die DWS insgesamt eine deutliche Aufhellung der Stimmung sowie eine Verbesserung der Performance von Private Infrastructure Investments. Unterstützung für die Anlageklasse soll vor allem vom makroökonomischen Umfeld kommen:

  • weniger Druck auf die Asset-Klasse durch ein moderateres Zinsumfeld.

  • Wirtschaftswachstum und Inflation stützen das Gewinnwachstum.

Unsicherheiten ergeben sich durch die noch unklare Richtung der neuen US-Regierung, welche für Überraschungen sorgen könnte (was sie ja derzeit im Wochenrhythmus tut). Nicht absehbar sei, in welchem Umfang sich das neue US-Zollregime auf Inflation und die weitere Zinsentwicklung auswirken wird. Kontraproduktivität sei nicht auszuschließen. Auch noch offen: Inwieweit die neue US-Regierung in die Märkte eingreift, bspw. in den US Clean Energy-Markt.

Verkehrsinfrastruktur, hier in Frankfurt. Foto: Baz.

Und die Auswirkungen auf die europäischen und asiatischen Märkte? Ebenfalls nicht vollends absehbar. Abwärtsrisiken sieht man z.B. für handelsorientierte Infrastrukturen in Märkten mit hohem US-Exportanteil. So können asiatische und europäische Frachtinfrastruktur bei Umsetzung von Zolldrohungen auf den Automobilsektor unter Druck kommen.

Make Europe great again?

Marshall sieht Europa als Vorreiter in der Infrastrukturpolitik. „Unsere langfristige Überzeugung, dass der europäische Infrastruktursektor für Investoren attraktiv ist, bleibt bestehen, selbst in Zeiten erhöhter globaler Unsicherheit und politischer Risiken in Märkten wie Frankreich und Deutschland.“

Seine Argumente, die er u.a. für europäische Infrastrukturinvestitionen anführt:

  • Zolldrohungen aus den USA sollten EU-Initiativen wie den Net Zero Industry Act (NZIA) und den European Chips Act weiter vorantreiben.

  • Förderung einer unabhängigen Energieversorgung in Europa, z.B. REPowerEU.

  • Konsens über die Notwendigkeit einer wirtschaftlichen Transformation und strategischer Unabhängigkeit in Schlüsselbranchen angesichts des Russland-Ukraine Krieges.

Der Investitionsbedarf? Gigantisch! Der öffentliche Sektor kann die erforderlichen Investitionen nicht aufbringen, privates Kapital muss aushelfen. Die DWS taxiert bspw. die Kosten für das Erreichen der Ziele bzgl. Dekarbonisierung und digitale Transformation in den Schlüsselbereichen auf sechs Bio. Euro. Nur für Europa wohlgemerkt!

Während beeindruckende 3,5 Bio. Euro davon voraussichtlich vom öffentlichen Sektor finanziert werden, zeigt unsere Analyse, dass Europa bis 2030 eine Investitionslücke von mindestens 2,5 Bio. Euro aufweist“, so Marshall.

Quelle: DWS; Region: EU-27; Stand: November 2024; Grafik zur Volldarstellung anklicken.

Private Investoren sollten dabei zum Ausbau europäischer Unternehmen ermutigt werden. An dieser Stelle verweist die DWS auch auf den „Draghi Report on the Future of EU Competitiveness“ im Auftrag der europäischen Kommission vom 9. September 2024.

Die DWS betont dabei die Existenz zahlreicher positiver Impulse für Infrastruktur, die langfristig und robust gegen politische Veränderungen sind. Dazu zählen u.a. die bekannten Megatrends wie Digitalisierung und Dekarbonisierung, aber auch moderatere Zinssätze.

Fazit von ALTERNATIVESINDUSTRIES

Die Zukunftsaussichten für die Strategie Infra für 2025 sind positiv, wobei sowohl das makroökonomische Umfeld als auch der Bedarf an Kapitalinvestitionen positive Impulse geben könnten. Die Argumente der DWS sind nachvollziehbar.

Das Segment bleibt trotz der Herausforderungen im Jahr 2024 attraktiv, insb. in Sektoren mit starken Infrastruktureigenschaften und soliden Wachstumsaussichten. Und die Anlageverordnung hat man ja just diesbezüglich angepasst.

Jedoch ist Teil der Wahrheit: Die Geo-Lage, die durchaus Folgen für Infrastruktur gerade in Europa haben kann, verkompliziert sich derzeit enorm. Nicht, dass das durch die Bank negativ wäre, denn hier bestehen auch Chancen – zuvorderst der auf einen europäischen Frieden.

Abzuwarten bleibt, gerade mit Blick auf die Möglichkeiten der öffentlichen Hand, inwieweit die derzeit besonders in Deutschland, aber auch in den anderen europäischen Ländern diskutierten Bemühungen, Defence-Fähigkeiten und Infrastruktur mit erheblichen öffentlichen Mitteln auszubauen, Folgen für diese Märkte haben werden. Das gilt auf der Seite der institutionellen Geldgeber als auch auf der Seite des Universums an investierbaren Assets. Wie der DWS-Report ausführt, ist ja nicht nur der Bedarf enorm, sondern auch nicht gerade wenig privates Geld, das gute Anlagemöglichkeiten sucht. Möglicherweise tritt dies nun in Konkurrenz mit den neu aufgenommenen Schulden, bspw. aus den wohl kommenden deutschen Sondervermögen. Wird man hier künftig also mehr PP-Partnerschaften sehen? Oder eher ein Crowding out der Institutionellen durch den Staatlichen Akteur mit seinen endlos tiefen Taschen? Man wird sehen…

Am Rande sei bemerkt, dass die Bundesrepublik Deutschland über alle Körperschaften im Jahr 2024 an Steuern und Abgaben über zwei Billionen Euro eingenommen hat – und trotzdem Defizit fährt. Es ist auf diesen Plattformen schon vielfach betont worden (auch mit Blick auf die Bundeswehr): In den deutschen Haushalten gibt es nicht zu wenig Geld, sondern zu viel Missmanagement. Wenn Sie auf von Bürokratie und Beamten geprägte Verkrustungen noch mehr Geld drauf kippen, dann bekommen Sie keine Verbesserung, keine Effizienz, keine Fortschritte, sondern nur was? Richtig: Noch mehr Beamte, noch mehr Bürokratie und noch mehr Verkrustung. Das ist vermutlich der Weg, den Deutschland am Vorabend seines demographischen Zusammenbruchs und im Zuge des Run off seiner industriellen und technologischen Ressourcen auch unter der neuen Regierung gehen wird.

Der Report „Infrastructure Strategic Outlook 2025“ findet sich hier.