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Talking Heads – Sebastian Sehnert, Bayer PK, im Gespräch:

Disziplin durchhalten über …

… alle Phasen des Konjunkturzyklus’: Der für Private Marktes verantwortliche Experte der Bayer-Pensionskasse VVaG spricht mit ALTERNATIVESINDUSTRIESüber das Engagement seiner EbAV in Private Equity: Fundraisings, über Secondaries, Continuations und Co-Investments, über die Wirkung des Artikels 8 … Und: wo er es explizit vermeidet, sich eine Meinung zu bilden und was auf Dauer nicht gesund ist.

Sebastian Sehnert, die Bayer-Pensionskasse ist seit Jahrzehnten Private Equity-Anleger. Welche quantitative Rolle spielt das Segment heute in Ihrer SAA, und wie sieht Ihre grundsätzliche Strategie hier aus?

Die Bayer-Pensionskasse VVaG investiert in der Tat seit den 90er Jahren in Private Equity, und zwar sowohl in Dachfonds als auch in Primärfonds. Die Bayer AG war damals nicht und ist auch heute nicht in den Investmentprozess involviert, da die Bayer-Pensionskasse VVaG rechtlich gänzlich unabhängig von der Bayer AG agiert und agieren muss.

Unser mittel- bis langfristiges Ziel ist es, Investitionen in Private Equity weiter auszubauen, um die Zielallokation zu erreichen. Wir möchten dabei jedoch diszipliniert bleiben und bevorzugen ein kontinuierliches Wachstum, ohne uns vom generellen Marktgeschehen zu vorschnellen Entscheidungen treiben zu lassen. So möchten wir in allen Phasen des Konjunkturzyklus kontinuierlich unsere Investments tätigen. Auch wenn wir Private Equity Investments in den letzten Jahren ausgebaut haben, nimmt diese Asset-Klasse noch einen relativ geringen Anteil am Portfolio der Bayer-Pensionskasse ein.

Spielt die derzeit eher unklare Zinslage und die instabile Geo-Lage für Sie strategisch eine Rolle?

Die Zinslage sowie die Geo-Lage spielen faktisch zu jederzeit eine Rolle, da dies einen signifikanten Einfluss auf das Fundraising haben kann. 2023 haben wir dies deutlich gemerkt: Zum einen entschieden sich Manager dazu, Volumina für neu aufgelegte Fonds zu reduzieren. Zum anderen wurden Closings verschoben und Fundraising-Perioden zum Teil deutlich verlängert. Umso glücklicher sind wir, in diesem Umfeld, das von uns angestrebte Investitionsvolumen erreicht zu haben.

Wie gehen Sie technisch vor?

Sebastian Sehnert, Bayer PK.

Zur Vereinfachung der Verwaltung und Optimierung der Prozesse hält die Kasse ihre Private Equity-Investitionen grundsätzlich über eine hierfür eigens gegründete SICAV in Luxemburg, deren Anteilseigner sämtlich Versorgungseinrichtungen im Bayer-Umfeld sind.

Darüber hinaus ist ein weitgehend standardisierter Due Diligence-Prozess die Basis sämtlicher Investitionsentscheidungen.

Welche Rolle spielen Alternatives für Sie als garantiegebender und langfristiger Pensions-Investor in Ihrer Asset Allocation – angesichts von Renditen bei Fixed Income von drei bis fünf Prozent? Und sehen Sie Ihre Renditeerwartungen, die Sie anPE stellen, erfüllt?

SEBASTIAN SEHNERT ist seit 2017 im Investment Team der Bayer-Pensionskasse der verantwortliche Fachreferent für die Asset-Klasse Private Markets. Zuvor war er ab 2010 im Treasury der Bayer AG tätig. Sehnert ist Diplom-Betriebswirt und verfügt über die Qualifikation als Chartered Financial Analyst (CFA).

Die Bayer Pensionskasse VaG wurde 1897 gegründet, sichert die bAV für ca. 90.000 Berechtigte, ist runde 9,5 Mrd. Euro schwer und heute die größte betriebliche Pensionskasse Deutschlands. Ihre Anlagestrategie ist ausgerichtet an der Risikostruktur der Verpflichtungen und basiert auf einem risikokontrollierten und risikobudgetierten Investment-Ansatz. Die Kasse ist seit Mitte 2005 für neue Mitglieder geschlossen. Neu bei Bayer eintretende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden seitdem Mitglieder der Rheinischen Pensionskasse VVaG, die als Schwester-Kasse Vorstand-identisch geführt wird.

Die Bayer AG selbst bilanzierte Ende 2023 eine DBO von gut 19,9 Mrd. Euro (davon12,8 Mrd. im Inland) und stellte dieser Plan Assets von fast 10 Mrd. Euro (Inland) und rund 6,9 Mrd. Euro (Ausland) entgegen.

Im Rahmen der ALM-Studien wird die strategische Eignung der Asset-Klasse regelmäßig überprüft. Basis dieser Studien sind u.a. langfristige Renditeerwartungen aller infrage kommenden Asset-Klassen, welche jährlich überprüft werden. Grundsätzlich erwarten wir eine etwas höhere Rendite für Private Equity im Vergleich zu Public Equity, um vor allem der Illiquidität Rechnung zu tragen.

Heute macht die Asset-Klasse auf Marktwertbasis einen relativ kleinen Anteil im Portfolio aus, kleiner <5%. Nichtsdestotrotz möchten wir wie gesagt die Asset-Klasse stetig weiter ausbauen, da die Zielallokation nicht erreicht ist. Die Marktwertperformance (Total Return) des zu Grunde liegenden Private Equity-Portfolios konnte in den letzten Jahren äußerst positiv zur Kapitalanlageperformance beitragen.

Abb.: SAA der Bayer-Pensionskasse VVaG.

Quelle:Bayer Pensionskasse VVaG, Stand Ende 2022. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

Sie meiden Secondaries. Warum? Sind die nicht derzeit gerade günstig?

Secondaries werden von uns nicht in Gänze gemieden, da wir über unsere Dachfonds auch in diese Asset-Klasse investieren. Wir sind uns bewusst, dass der Markt für Secondaries Vorteile haben kann, möchten aber keinen Fokus darauflegen, indem wir einen reinen Secondary-Direktfonds zeichnen. Zudem glauben wir, dass Opportunitäten, zu günstigen Preisen Secondary-Zielinvestments zu erwerben, nur innerhalb relativ enger Zeitfenster gegeben sind. Wir sind zufrieden mit unserer Allokation in Secondaries, die wir über unsere Dachfonds erreichen.

Welche Rolle spielen Co-Investments für Sie?

Hier verhält es sich ähnlich wie bei Secondaries. Wir möchten uns nicht auf Co-Investments fokussieren, in dem wir einen reinen Co-Investment-Direktfonds zeichnen bzw. in dem wir zusammen mit einem Manager in ein bestimmtes Unternehmen investieren. Wir sind auch hier zufrieden damit, dass wir Co-Investments indirekt über unsere Dachfonds tätigen.

Spüren Sie als LP für Transaktionen und Rückflüsse erschwerte Bedingungen?

Das sehen wir deutlich. Das Jahr 2023 hatten wir ja eben schon kurz angesprochen. Exit-Aktivitäten von Private Equity-Fonds und demzufolge Ausschüttungen an die Investoren haben sich im Vergleich zu den letzten Jahren reduziert. Zunehmend legten Manager Continuation Vehikel auf, um Unternehmen nicht veräußern zu müssen. Außerdem erschwerte die hohe Inflation und das daraus resultierende steigende Zinsniveau die Finanzierungsbedingungen für die Manager, um Transaktionen realisieren zu können.

Wir sehen uns in diesem Marktumfeld jedoch in einer glücklichen Lage, da wir nicht auf Rückflüsse angewiesen sind, um neue Investments in Private Equity durchzuführen.

 

 

Unser Ziel ist es, auch auf Vintage Year-Basis gut diversifiziert zu sein.“

 

 

Viele Investoren sehen derzeit aufgrund attraktiver Bewertungen einen guten Einstiegszeitpunkt. Glauben Sie, dass 2024 für die LPs ein attraktives Vintage Year mit guten Opportunitäten wird?

Wir versuchen stets zu vermeiden, uns eine Meinung über ein bestimmtes Vintage Year im Vergleich zu anderen Jahren zu bilden. Unser Ziel ist es, auch auf Vintage Year-Basis gut diversifiziert zu sein. Wir sind davon überzeugt, dass dies langfristig die beste Strategie ist.

Heute sehen wir zum Beispiel, dass Fonds, die während der COVID-19-Pandemie aufgelegt wurden, eine gute Performance zeigen. Wir sind froh, dass wir auch im Jahr 2020 an unserer Strategie festgehalten und Investitionen in Private Equity getätigt haben.

Wie setzen Sie Ihre ESG-Überzeugungen in den Private Markets um? Und reicht Ihnen Art. 6 in den Private Markets, oder suchen Sie 8 und 9?

ESG spielt bereits seit mehr als zehn Jahren eine Rolle in unserem Due Diligence-Prozess. ESG ist ein Kriterium unter vielen anderen, die wir bei Investitionsentscheidungen prüfen.

Die Klassifizierung nach SFDR spielt für uns eine Rolle im Rahmen der Due Diligence und wird entsprechend mitbewertet. Wir setzen keine Art. 9-Klassifizierung voraus, um eine Investition durchzuführen. Eine Art. 8-Klassifizierung wirkt sich in jedem Fall positiv in der Due Diligence aus.

Wie könnte für mehr Standardisierung im ESG-Berichtswesen der GPs gesorgt werden, damit Sie Ihren regulatorischen Berichtspflichten einfacher nachkommen können? Wie könnte hier durch mehr Standardisierung eine Vereinfachung herbeigeführt werden?

Es gibt bereits Initiativen im Markt, die versuchen, das ESG-Berichtswesen zu standardisieren. Hier sollte man die weitere Entwicklung abwarten.

 

 

Stetig steigende Fondsvolumen mit immer kürzeren Fundraising-Perioden kann auf Dauer auch nicht gesund sein.“

 

 

Pressiert Sie trotz Ihrer prozentual noch geringen PE-Allokation der Denominator-Effekt schon?

Wir spüren den Denominator-Effekt nicht direkt, da die Allokation in Private Equity unter der Zielallokation ist. Wir waren bisher nicht gezwungen, Fonds zu verkaufen. Dahingehend sind wir in einer komfortablen Lage.

Durch unseren Ansatz, grundsätzlich jedes Jahr Investitionen zu tätigen, zeigen wir den Managern, dass wir auch in schwierigeren Zeiten Fonds zeichnen und eine langfristige Geschäftsbeziehung einen hohen Wert für uns hat.

Nichtsdestotrotz sehen wir den Denominator-Effekt mittelbar natürlich dahingehend, dass sich Fondsvolumen für neu aufgelegte Fonds reduzieren und das Fundraising länger dauert, weil zahlreiche Anleger, die dem Effekt direkt unterliegen, zurückhaltender sind. Diese Entwicklung kann jedoch auch positiv sein. Stetig steigende Fondsvolumen mit immer kürzeren Fundraising-Perioden kann unserer Meinung nach auf Dauer auch nicht gesund sein.