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KfW emittiert ihre erste Blockchain-Anleihe nach eWpG:

Die Lernreise zum bahnbrechenden Meilenstein

Mit ISIN, aber OTC: An dem Start des ersten syndizierten Blockchain-Bonds waren zahlreiche namhafte Akteure beteiligt – und diese geizen durch die Bank nicht mit starken Worten, vor allem mit Blick auf den Finanzplatz Deutschland. Doch genau dieser darf nun nicht nachlassen, wird gemahnt. Und: Nach der ersten Krypto-Anleihe ist vor der zweiten.

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau hat mit Valuta 4. Juli 2024 ihre erste Blockchain-basierte digitale Anleihe in Form eines Kryptowertpapiers nach dem Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) begeben (also unter Nutzung der dort verankerten Möglichkeit der dematerialisierten physischen Wertpapierurkunde, so dass kein physisches Dokument mehr unterschrieben und zum Zentralregister transportiert werden muss).

Damit gehört die KfW zu den ersten Emittenten eines Kryptowertpapiers aus dem deutschen Bankensektor. Es handelt sich zwar um eine Anleihe, doch da es hier um ein Krypto-Asset geht, wird dieses hier auf ALTERNATIVESINDUSTRIES behandelt:

Die Techs und ein Vergleich

Die Stand-alone-Anleihe ISIN DE000A383BJ9 (Moody`s: Aaa, S&P: AAA, Scope: AAA) hat ein Volumen von 100 Mio. Euro, läuft bis 10. Dezember 2025 und trägt einen Kupon von 3,125%.

Der Reoffer Price lag bei 99,829%, Rendite damit bei 3,258% р.а.. Settlement T+2, die zugrundeliegende Blockchain-Plattform ist Polygon.

Nehmen wir zum Vergleich der Einfachheit halber den Bund-ZeroBond DE0001141828, der bis zum 10. Oktober 2025 läuft. Dieser notiert heute Morgen bei 96,305% Brief und rentiert demzufolge mit 2,956% p.a..

Aber offenkundig geht es bei der hier in Rede stehenden Blockchain-Anleihe nicht um Kurse, Spreads und Renditen – sondern die Beteiligten wollen in der Tat den Lernprozess verinnerlichen. Das machen sie auch in der Kommentaren zu ihrem Projekt recht unverklausliert klar:

Gemeinsam sind wir stark

Tim Armbruster, Treasurer der KfW, kommentiert: „Die Emission unseres ersten Kryptowertpapiers ist ein weiterer wichtiger Meilenstein auf unserer digitalen Lernreise. Unser Ziel war von Anfang an, möglichst viele Marktteilnehmer an der Transaktion zu beteiligen, um gemeinsam Neues zu lernen und die Innovation, die uns der Gesetzgeber durch das eWpG ermöglicht hat, zusammen mit unseren Bankenpartnern, unserem Ankerinvestor Union Investment und weiteren interessierten Investoren zu verproben.“

Die KfW-Zentrale in Frankfurt. Foto: KfW/Rüdiger Nehmzow.

Die gute Partizipation von Investoren zeige deren großes Interesse an der Digitalisierung von Kapitalmarkttransaktionen. Dieses Potenzial wolle die KfW nun nutzen, um Skalierungsmöglichkeiten für ihre Refinanzierungsaktivitäten zu eruieren, so Armbruster weiter.

Wir haben euch alle gleich lieb

Wie die KfW mitteilte, habe sie bei ihrer ersten Kryptowertpapieranleihe besonderen Wert auf das Investorenengagement gelegt. Daher wurde die Transaktion von einem Bookrunner-Konsortium, bestehend aus DZ Bank, Deutsche Bank (Lead Arranger und Settlement Agent), LBBW und Bankhaus Metzler, begleitet, um so die vier Säulen des deutschen Bankensystems ganzheitlich abzubilden.

Offenbar scheint die KfW auf ihrer „Lernreise“ mit ihrer Neugierde nicht allein gewesen zu sein. Denn wie sie weiter mitteilt, habe der achtwöchige, vor der Emission durch das Bookrunner-Konsortium organisierte Wissensaustausch zu den Besonderheiten der Transaktion mit potenziellen europäischen Investoren dazu geführt, dass u.a. folgende Zeichner gewonnen werden konnten: Berliner Volksbank, DekaBank, LBBW, Solventis AG, Sparkasse Pforzheim Calw und WI Bank; die Union ist wie erwähnt der Ankerinvestor.

Wir bereiten uns aktuell schon auf die Emission einer weiteren Blockchain-basierten digitalen Anleihe vor.“

Damit ist die KfW die erste Emittentin eines syndizierten Kryptowertpapiers gemäß eWpG – und teilt weitere Details mit: Die DZ Bank ist zentral für die Investoren in Form einer Sammeleintragung im Register als Inhaberin der Anleihe eingetragen. Das Frankfurter Fintech Cashlink Technologies übernimmt die neue Rolle des sog. Kryptowertpapier-Registerführers. Hauck Aufhäuser Digital Custody stellt die notwendigen Kryptoverwahrdienstleistungen für die KfW zur Verfügung. Bei der rechtlichen Beratung schließlich wählte die KfW Linklaters; das Bookrunner-Konsortium wurde von Hengeler Mueller unterstützt.

Weitere Blockchain-Transaktion ante portas

Während bei der aktuellen Transaktion das Investorenengagement und die Erprobung neuer Projektpartnerrollen, z.B. die des Kryptowertpapier-Registerführers, im Vordergrund standen, plant die KfW bereits die nächsten Schritte, um auch die DLT-basierte Abwicklung der Zahlungsströme (in Zentralbankgeld) zu testen.

Gaetano Panno, Head of Transaction Management bei der KfW, erläutert: „Wir bereiten uns aktuell schon auf die Emission einer weiteren Blockchain-basierten digitalen Anleihe vor, bei der wir den Fokus auf die Digitalisierung der Zahlungsströme legen werden.“ Konkret geht es darum, die Abwicklung von Wertpapieren in Zentralbankgeld zu testen. Hierfür greift die KfW auf die Triggerlösung der Bundesbank zurück. Die EZB hat für diese Zwecke eine Explorationsphase mit interessierten Marktteilnehmern gestartet, an der sich die KfW als Emittentin beteiligen wird. „Nach Abschluss der Transaktion haben wir dann den gesamten Front-to-End-Prozess von der Begebung eines Kryptowertpapiers bis zur Rückzahlung getestet. Diese Erfahrung gilt es dann mit anderen Marktteilnehmern zu teilen und praktische Implikationen für die Weiterentwicklung dieses innovativen Marktsegments abzuleiten“, führt Panno weiter aus.

Mehr als nur nationale Standards – und Klarheit schaffen

Friedrich Luithlen, DZ Bank.

„Diese Transaktion ist ein weiterer Meilenstein in Richtung eines digitalen Anleihemarktes. Die konkreten Maßnahmen, wie digitale Anleihen massentauglich zu gestalten sind, werden immer klarer“, kommentiert Friedrich Luithlen, Leiter des Bereichs Debt Capital Markets & Syndication bei der DZ Bank.

Daniel Wrobel, LBBW.

„So geht Innovation made in Germany: Die Resonanz dieser Transaktion spricht gleichermaßen für die herausragende Qualität der KfW und die Zukunftsfähigkeit des deutschen Finanzplatzes“, ist auch Daniel Wrobel, Bereichsleiter Financial Institutions & Corporates bei der LBBW, offenkundig zufrieden.

Mark Lewellen, Co-Head of EMEA Capital Markets der Deutschen Bank, sieht „diese bahnbrechende Transaktion“ als „wichtigen Schritt für die Digitalisierung des Anleiheemissionsprozesses ist, der dazu beitragen wird, Standards für künftige Anleiheemissionen zu setzen – nicht nur in unserem Heimatmarkt.“

Hendrik König, Head of Digital Assets Office beim Bankhaus Metzler, ergänzt: „Wir sind der Überzeugung, dass diese erfolgreiche Transaktion ein bedeutendes Signal darstellt – für das Digital Assets-Ökosystem in Deutschland und für die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Frankfurt/Deutschland im Hinblick auf den Kapitalmarkt von morgen.“

„Mit der Begebung ihrer ersten Blockchain-basierten Anleihe hat die KfW als Innovationstreiberin einen Meilenstein für den Finanzplatz Deutschland gesetzt, der die Tokenisierungsentwicklungen an den Kapitalmärkten weiter beschleunigen wird“, blickt Christoph Hock, Head of Tokenisation and Digital Assets der Union Investment, voraus. Die Blockchain-Technologie habe das Potenzial, effizientere Kapitalmarktprozesse zu schaffen, Transaktionen schneller und kostengünstiger zu machen sowie künftig neue Produktangebote zu ermöglichen.

Das Puzzle wird fertig

„Wir konnten gemeinsam mit der KfW die Praxistauglichkeit des eWpG auch in komplexeren Konstellationen unter Beweis stellen. Dies stellt einen wichtigen Meilenstein für die Marktfähigkeit und Akzeptanz von Kryptowertpapieren dar, dem hoffentlich weitere durch die EZB Explorationsphase und das DLT Pilot Regime folgen werden“, sagt Sebastian Dey, Head of Digital Assets Linklaters Germany.

König von Metzler beobachtet, dass sich derzeit viele Puzzleteile des digitalen Ökosystems zusammenfügen. So bestehe ein regulatorisches Rahmenwerk, das allen Beteiligten Rechtssicherheit biete. Zudem stehe mittlerweile die notwendige institutionelle technische Infrastruktur zur Verfügung, um eine sichere Abwicklung digitaler Finanzmarkttransaktionen darstellen zu können.

Hendrik König, Metzler.

Diese wiederum ermögliche das Voranschreiten der Tokenisierung, wodurch immer mehr Wertpapiere auf die Blockchain gebracht werden können. Und auch im Hinblick auf die geldseitige Abwicklung digitaler Transaktionen schreite die Entwicklung deutlich voran, was die aktuellen „ECB Trials“ zum digitalen Euro zeigen.

Jedem Anfang wohnt ein Hemmschuh inne

Alles in Butter also? Noch nicht so ganz. So bemängelt die KfW die gegenwärtig fehlende EZB-Fähigkeit von Kryptowertpapieren,was c.p. das Investoreninteresse mindern sollte.

Hinzu trete, so die KfW weiter, dass die Sekundärmarktliquidität bei Kryptowertpapieren noch stark eingeschränkt sei. Dies liege nicht nur an der noch vergleichsweise überschaubaren Anzahl an Emissionen und einer eher geringen Anzahl „befähigter“ Investoren, sondern v.a.an der regulatorischen Anforderung, dass marktfähige Papiere als Voraussetzung für ein Listing an einer Börse zwingend bei einem Zentralverwahrer eingelagert werden müssen, welches bei Kryptowertpapieren per Definition nicht der Fall ist. Dieser Unzulänglichkeit ließe sich möglicherweise im Rahmen des EU DLT-Pilot Regimes begegnen, hofft die KfW (Hintergrund: Die vorliegende Anleihe hat zwar eine ISIN, s.o., und kann daher in den Systemen der Investoren verbucht werden, aber nur OTC gehandetl werden).

„Erst wenn sich auf diese Weise die Markttiefe erhöht, können sich Standards mehr und mehr entwickeln, sodass sich schließlich ein funktionierendes Ökosystem etablieren kann“, schreibt die Anstalt in ihrne Lessons Learned.

Und schließlich: Um das volle Potenzial von DLT zu realisieren, sei es von „unerlässlicher Wichtigkeit und Dringlichkeit“, dem Markt eine Lösung für DLT-interoperables (Zentralbank-)Geld zur Verfügung zu stellen. Dann könne bspw. das Settlement von Wertpapieren friktionsfrei umgesetzt werden, sodass Delivery-versus-Payment „on-Chain“ möglich würde.

Die Erfahrungen zu ihrer ersten Blockchain-basierten digitalen Anleihe hat die KfW zusammengestellt, diese finden sich hier.

Deutschland?

Die hier dokumentierten Statements sparen nicht mit Lob für den Finanzplatz Deutschland als Standort. In der Tat ist Deutschland hier mit dem eWpG ein echter regulatorischer Vorreiter.

Ein Marktbeobachter erklärte gegenüber ALTERNATIVESINDUSTRIES das übliche Bild, das er auch hier vergegenwärtigt: In Deutschland kommt die Regulatorik, und dann starten die Akteure. In den USA ist es meist umgekehrt: Die Akteure treiben die Entwicklung technisch voran, und die Regulatorik folgt dann. „Der Finanzplatz Deutschland hat in Sachen Krypto-Assets international noch einen kleinen Vorsprung. Den dürfen wir nicht verspielen“, so der Digital Experte, „denn die Regulatorik haben wir, die ersten Erfahrungen nun auch. Wir alle auf dem Parkett sollten auf diesem Weg entschlossen weiter vorangehen.“