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Die Bundesregierung und ihr Haushalt 2025:

Deutsche Infrastruktur im politischen WIN-Modus?

Alle Medien berichteten: Der Regierungsentwurf für den Haushalt 2025 steht. Ein für dieses Parkett interessantes Detail ist die „Wachstumsinitiative“, die laut Bundesregierung dem „Wirtschaftswachstum einen zusätzlichen Impuls verleihen“ und dabei „den Wirtschaftsstandort Deutschland voranbringen und die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig verbessern“ möge. Eine erste Reaktion gibt es schon.

Der Bundesverband Beteiligungskapital (BVK) begrüßte am Freitag bereits den neuen Haushaltsplan, und hier insb. die Vorhaben der WIN-Initiative (Wachstum, Innovation, Nachhaltigkeit; die Bundesregierung selbst benutzte diese Abkürzung übrigens nicht) zur Förderung von mehr privatem Kapital in Deutschland.

Die WIN-Initiative zielt darauf ab, die Rahmenbedingungen für Investitionen in Start-ups und Wachstumsunternehmen zu verbessern.“

Ulrike Hinrichs, BVK.

Ulrike Hinrichs, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des BVK, äußerte sich positiv über die Pläne der Bundesregierung: „Wir freuen uns über die Einigung der Ampel zum Bundeshaushalt. Wachstumsimpulse und die Mobilisierung privaten Kapitals sind zwei Seiten derselben Medaille. Die WIN-Initiative, mit ihren steuerlichen und regulatorischen Maßnahmen, ist entscheidend, um Deutschland international wettbewerbsfähig zu halten und privates Kapital zu mobilisieren“, so Hinrichs, und „die WIN-Initiative zielt darauf ab, die Rahmenbedingungen für Investitionen in Start-ups und Wachstumsunternehmen zu verbessern.“ Dies umfasse steuerliche Anreize, die Reduzierung von Bürokratie sowie verstärkte Unterstützung für Forschung und Entwicklung.

Damit PE- und VC-Fonds nicht ins Ausland gehen

Konkret geht es dem BVK um das Thema Steuern: „Die WIN-Initiative soll die steuerlichen Rahmenbedingungen für private Investitionen in Deutschland verbessern. Wachstumskapital braucht ein wettbewerbsfähiges Steuerregime. Damit PE- und VC-Fonds nicht ins europäische Ausland abwandern, braucht es zuvorderst die gesetzliche Regelung der Steuertransparenz. Denn privates Kapital braucht verlässliche und international wettbewerbsfähige Investitionsbedingungen,“ so Vorstand Hinrichs.

Der BVK sieht in den Plänen der Regierung das, was wohl alle auf diesem Parkett seit jeherfür absolut erfolgskritisch halten: eine „klare Anerkennung der Bedeutung von privatem Kapital“ für die wirtschaftliche Entwicklung. „Private Investitionen sind ein wesentlicher Motor für Fortschritt und Wohlstand. Sie ermöglichen es Unternehmen, zu wachsen, neue Arbeitsplätze zu schaffen und technologische Fortschritte zu realisieren. Der neue Haushaltsplan zeigt, dass die Regierung dies erkannt hat und bereit ist, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um diesen Bereich zu stärken,“ sagte Hinrichs weiter.

Ist das die Wende?

In der Wachstumsinitiative sind weitere steuerliche Verbesserungen u.a. für Unternehmen vereinbart; etwa bei Abschreibungen, Forschungszulage, Förderung der E-Mobilität, Verlängerung der Stromsteuersenkung und der Strompreiskompensation sowie bei Mehrarbeit und für ausländische Fachkräfte. Die EEG-Umlage soll abgeschafft werden. FM Christian Lindner sprach vor Journalisten in Berlin von „einer Wachstumsinitiative mit 49 Maßnahmen, die einen Einstieg in die Wirtschaftswende darstellt.“

Laut Lindner werde die degressive Abschreibung bis 2028 verlängert und zugleich von 20 auf 25% Prozent erhöht. Investitionen können also schneller steuerlich geltend gemacht werden.

Das BMF in der Wilhelmstraße in Mitte. Foto: BMF/Hendel.

Thema sichere und bezahlbare Energie: Das Strompreispaket, mit dem die Stromsteuer auf das zulässige Minimum gesenkt wurde, soll entfristet, die Strompreiskompensation um weitere zwei Jahre bis 2030 verlängert werden. Laut Lindner bedeutet beides Milliardenentlastungen für die deutsche Wirtschaft. Zudem werde man Maßnahmen ergreifen, um die Netzkosten zu senken, damit Haushalte und Industrie entlastet werden.

Lindner verwies vor der Berliner Presse auf jährliche Staats-Investitionen von 57 Mrd. Euro. Dazu kämen aber noch diejenigen, die im Klima- und Transformationsfonds vorgesehen sind. Insgesamt stünden Lindner zufolge im nächsten Jahr rund 100 Mrd. Euro für Investitionen in die unterschiedlichen Bereiche zur Verfügung– von klimafreundlicher Technologien über Schiene und Straße bis zur digitalen Infrastruktur.

Ein weiterer Bereich der Initiative ist dem Abbau von Bürokratie gewidmet. Hier haben die drei Koalitionäre vereinbart, jedes Jahr ein Bürokratieabbaugesetz zu machen, und man wolle verstärkt „Praxis-Checks“ nutzen, um zu identifizieren, welche Vorschriften sich in der Praxis nicht bewährt haben. Die Koalition will das Vergaberecht vereinfachen, die Tariftreue stärken und die Exportkontrolle beschleunigen. All das soll für mehr Tempo in Verwaltung in Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren sorgen. Diese Verfahren sollen „drastisch“ beschleunigt werden, auch weil in der Vergangenheit – so Lindner – Investitionsmittel, die in den Haushalten eingeplant werden, gar nicht alle abgeflossen seien.

Die Wachstumsinitiative soll gemeinsam mit dem Haushalt 2025 am 17. Juli im Kabinett beschlossen werden. Der BVK werde die Umsetzung der WIN-Initiative und die weiteren Entwicklungen aufmerksam verfolgen und sich weiterhin aktiv für die Belange der Branche einsetzen, so Hinrichs.

Die Infrastruktur steht derzeit ohnehin im Fokus der deutschen Politik: Kein Haushaltsthema, gleichwohl derzeit bekanntlich auf der legislativen Agenda ist die Flexibilisierung der Bedeckungsvorschriften für deutsche Pensionskassen sowie die eigene neue Infrastrukturquote für Pensionskassen, die in §§ 2, 3 AnlageV eingeführt werden soll.

Ob das alles helfen wird, bleibt abzuwarten. Es sei erinnert an die neuliche BVI-Studie„Between Short-term Headwinds and Strong Long-term Tailwinds: Infrastructure 2024” des BVI, die klar gemacht hat, dass deutsche Investoren in Sachen Infrastruktur – freundlich ausgedrückt – alles andere als einen Home Bias haben.

Stehen Sie rechts vom Soli?

Schließlich sagte Lindner in Berlin noch: „Im nächsten und im übernächsten Jahr werden wir […] die Milderungszone des Solidaritätszuschlags nach rechts verschieben.“

Christian Lindner, BMF. Foto: BMF.

Prognose des Chronisten: Wie weit nach „rechts“ BM Lindner die Zone auch schieben wird – nicht nur der Chronist, sondern praktisch alle hier in der Leserschaft werden nach wie vor zu weit „rechts“ (in den Worten des Ministers) stehen, um dem Soli zu entgehen. Steuerlich jedenfalls.