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Marcus Wilhelm, Airbus SE, im Gespräch:

Zwischen Freiraum und Governance

Mit über 14 Milliarden Euro Plan Assets ist der deutsch-französische Luftfahrt- und Technologiekonzern nicht gerade ein kleiner Pensionsinvestor. Der für die Corporate Pensions Verantwortliche spricht mit ALTERNATIVESINDUSTRIES über seine Strategie und Werkzeuge, über die Rolle des Zinses, eine ausgebliebene J-Curve – und wovon er grundsätzlich abrät.

Marcus Wilhelm, die Pensionsvehikel der Airbus SE investieren in die alternativen Asset-Klassen Private Equity, Private Debt und Infrastruktur. Wie ist hier die gegenwärtige jeweilige Gewichtung in der SAA, und wie sieht Ihre Zielallokation aus?

Marcus Wilhelm: Im Airbus Pension Trust (APT) beträgt unsere – nahezu erreichte – Zielquote für Private Markets 20%, davon 8% Private Debt und 12% Private Equity. Letzteres beinhaltet Investitionen in Infrastruktur Equity.

Welches sind als Pensionsinvestor die Grundzüge Ihrer Strategie mit Alternatives?

Zur Strategie: Als wir Investitionen in Private Markets diskutiert haben, hatte der APT deutlich höhere Zu- als Abflüsse. Vor diesem Hintergrund erschien es naheliegend und attraktiv, die vermutete Illiquiditätsprämie von Private Markets zu vereinnahmen, mit dem Ziel, die risikoadjustierte Gesamtrendite unserer Kapitalanlagen zu erhöhen.

Marcus Wilhelm, Airbus. Foto: Hans Scherhaufer.

Im nächsten Schritt haben wir auf Basis unseres Anforderungsprofils und auf Grundlage eines sorgfältigen Due Diligence-Prozesses die Private Markets Manager ausgewählt. Diese bauen nach unseren Vorgaben die Portfolios in eigens für Airbus eingerichteten Fonds (Segregated Accounts, SMAs) über mehrere Jahre auf.

Welche Rolle spielen diese Alternatives als Langfrist-Investor in Ihrer Asset Allocation derzeit – angesichts von Renditen bei Fixed Income von drei, vier oder fünf Prozent?

Sicher sind die Renditen von Unternehmensanleihen zuletzt wieder auf attraktive Niveaus gestiegen. Die Renditeerwartungen für Alternatives bleiben dennoch deutlich höher. Zudem bieten Alternatives weiterhin ein interessantes Diversifikationspotenzial. Unsere Erfahrungen sind bisher durchweg positiv. Mit unserer durchdachten und flexiblen Strategie – bspw. durch Secondaries und Co-Investments – konnten wir den befürchteten J-Kurven-Effekt in der Performance vermeiden und die angestrebten Anlageziele wie bspw. eine gute NAV-Entwicklung über die Zeit gut erreichen.

Und Ihre Pläne?

Seit der Entscheidung, in Private Markets zu investieren, haben sich die Rahmenbedingungen, insb. unsere Liquiditätssituation verändert. Da unser Ausfinanzierungsgrad erfreulicherweise deutlich gestiegen ist, wird der APT auch erheblich früher als ursprünglich erwartet die Auszahlung von Renten übernehmen bzw. entsprechende Rückerstattungen leisten. Zudem ist jetzt mehr Liquidität in unserem LDI-Programm gebunden.

MARCUS WILHELM:

Marcus Wilhelm leitet seit 2014 den Bereich Corporate Pensions bei Airbus. Seiner Verantwortung unterliegen alle finanziellen Aspekte der bAV des Airbus Konzerns weltweit. Darüber hinaus leitete er unter anderem die Entwicklung und Einführung des preisgekrönten Airbus Pension Plans APP. Unter seiner Führung konnte der Ausfinanzierungsgrad in den letzten 10 Jahren von 39% auf 86% gesteigert werden.

Vor seiner Arbeit bei dem deutsch-französischen Konzern war Wilhelm acht Jahre bei Siemens Financial Services GmbH, zuletzt als Leiter Pension Consulting. Der Diplom-Kaufmann mit Studium an der Frankfurter Goethe-Universität sowie in Boca Raton und St. Petersburg verfügt über eine mehr als 25-jährige Berufserfahrung im Bereich der Kapitalmärkte. Er ist unter anderem Vorstandsvorsitzender des Airbus Pension Trust e.V., Vorstand der Versorgungskasse Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH e.V. (VK MBB) sowie Vorsitzender diverser Anlageausschüsse. Baz

Wir werden dennoch an der ursprünglich erarbeiteten Strategie festhalten. Andererseits sind derzeit trotz der nach wie vor gegebenen Attraktivität keine weiteren Investitionen in Private Markets geplant.

Eben nannten Sie SMAs. Welche Alternatives-Tools und Segmente nutzen Sie sonst noch so, bspw. Secondaries, Co-Investments, Continuations …?

Grundsätzlich bevorzugen wir SMAs. Gemeinsam mit den selektierten Managern hat Airbus eine langfristige Strategie entwickelt: Wichtige Punkte dieser Strategie sind der Implementierungszeitraum, also Vintage Diversification, die zeitlich flexible Aufteilung (Bandbreiten) in Sub-Asset-Klassen wie z.B. PE Primaries, Secondaries und Co-Investments.

Ein Hauptaugenmerk lag darauf, eine sinnvolle Lösung zwischen den Spannungsfeldern zu finden: Einerseits den Managern genügend Freiraum zu geben, um ihre Fähigkeiten zum „aktiven Management“ und „Sourcing“ sinnvoll einsetzen zu können, und andererseits den Zielen von Airbus, wie bspw. Governance-Anforderungen und Risiko-Rendite-Präferenzen gerecht zu werden.

Stichwort Manager: Ist der Aufwand, sich mit Alternatives zu beschäftigen, vertretbar – bspw.- im Vergleich mit Bonds in der Direktanlage?

Wir würden grundsätzlich davon abraten, ein PE-Portfolio selbst zu managen. Der Aufbau der Anlagestruktur, der SMAs und die Auswahl guter Asset Manager sind schon deutlich aufwändiger als bei den klassischen Anlageklassen. Es lohnt sich unseres Erachtens auch, ausreichend Zeit in die Strategieentwicklung zu investieren. Der laufende Unterhalt ist bei einem geschicktem Set-Up hingegen nur unwesentlich aufwändiger. Insgesamt ist der Aufwand bei entsprechendem Anlagevolumen absolut vertretbar.

Sie sagten, Sie fahren LDI-Strategien. Sind hier die Alternatives Teil der Umsetzung?

Alternative Anlagen sind in unserem deutschen Pensionsplan kein Teil der LDI Strategie. In einem unserer UK-Pension Trusts hat man hingegen Investitionen in Private Markets als sogenannte „Matching Plus Assets“ in das LDI-Konzept integriert. So ersetzen bspw. Infrastrukturinvestitionen mit langlaufenden Zahlungen und Anpassungen in Höhe der Inflationsrate teilweise Inflation Linked Gilts.

Ich komme nochmal auf den Zins zurück: Wie bewerten Sie nach der Zinslage den Sektor der Alternatives grundsätzlich, und was beobachten Sie z.B. unter dem Gesichtspunkt Transaktionen, Bewertungen, Opportunitäten …

AIRBUS SE

Airbus ist als ein weltweiter Pionier in der Luft- und Raumfahrtindustrie in den Bereichen Verkehrsflugzeuge, Hubschrauber, Verteidigung und Raumfahrt tätig. Mit rund 140.000 Mitarbeitern sieht sich das größte Luft- und Raumfahrtunternehmen in Europa weltweit führend in der Luftfahrtindustrie.

Ende 2023 belief sich die DBO des aus zahlreichen Mergers entstandenen Konzerns auf ca. 16,6 Mrd. Euro, denen Plan Assets von 14,2 Mrd. Euro gegenüber standen. Baz

Der Anstieg der Zinssätze macht es für PE-Manager grundsätzlich schwieriger und teurer, Fremdkapital aufzunehmen. Da unsere Manager jedoch weniger auf Leverage-Strategien zur Wertschöpfung setzen, hatte dies kaum Auswirkungen auf unser Portfolio.

Zudem ermöglicht die strategische Flexibilität die Ausnutzung von Opportunitäten: Beispielsweise litt die Bewertung unseres Portfolios in den Jahren 2022 und 2023 etwas unter dem Rückgang der Bewertung des gesamten PE-Marktes aufgrund des sehr schwierigen IPO-Marktes. Dies konnten wir jedoch durch gute Investments im Bereich Secondaries und Co-Investments kompensieren. Insbesondere im Sekundärmarkt boten sich zuletzt interessante Opportunitäten. Hier haben wir unser Engagement weiter ausgebaut.

Das Kerngeschäft der Airbus SE läuft in USD, ihre DBO läuft v.a. in Euro. Hedgen Sie als Pensionsinvestor den USD? Auch in den Alternatives?

Richtig, die deutschen Pensionsverpflichtungen müssen in Euro bedient werden. Das Pensionsvermögen wurde ganz bewusst vom Kerngeschäft getrennt, um im unwahrscheinlichen Falle der Insolvenz die Ansprüche unserer Rentner abzusichern. Von daher spielt die währungsmäßige Ausrichtung unseres Kerngeschäfts keine Rolle.

Bei LDI-Assets und auch EM-Bonds hedgen wir die Währungen gegen Euro. Bei Growth Assets, und darunter fallen bei uns auch Private Market Assets, hedgen wir in der Regel die Währung nicht oder nur in geringem Umfang.