Kaum eine Asset-Klasse hat so komplexe Reaktionen auf die lange Politik des billigen Geldes und den abrupten Kurswechsel ab 2022 gezeigt wie Real Estate. Ein Gespräch mit dem Immobilien-Chef von Edmond de Rothschild in Frankfurt – über gute Immobilienprojekte mit zerbrochenen Kapitalstrukturen, über kleine Oasen, über den Markt aus Sicht von FK-Investoren, was RED zu bieten hat, die Rolle der Regulatorik, wann die Alarmglocken angehen, über Stranded Assets und was Pensionsinvestoren zu fragen pflegen, worauf man sich auf dem europäischen Immobilienmarkt vorbereiten sollte und mehr …
Ralf Kind, erst zehn Jahre Nullzins, praktisch weltweit, dann eine überraschend schnelle und steile Zinswende, jetzt eine geldpolitisch und konjunkturell eher unklare Lage, plus dynamische Geopolitik. Und während Private Equity, Private Debt, VC und erst recht Infrastruktur die Turbulenzen passabel weggesteckt haben und sich die Erfolgsmeldungen wieder häufen, scheinen die Krisensymptome bei Real Estate nachhaltiger zu sein. Welche Lage sehen Sie in Deutschland, in Europa?
Der gewerbliche Immobilienmarkt in Europa hat in den letzten zwei Jahren eine holprige Fahrt hinter sich, um es milde auszudrücken. Und vergessen wir nicht, dass dies sogar vor dem Hintergrund einer relativ moderaten Schwächung der Realwirtschaft und insbesondere ohne die schweren Rezessionen stattfand, die viele Ökonomen vorausgesagt hatten. Nichtsdestotrotz hat die rasche Anhebung der Zinssätze 2022-23 durch EZB und BOE zur Bekämpfung der galoppierenden Inflationsraten ihren Tribut bei den Immobilienbewertungen in ganz Europa gefordert.
Die durchschnittlichen Spitzenrenditen in Europa sind von 4,00% im Jahr 2022 deutlich auf 5,30%, also um 130 BP gestiegen, was die anhaltenden Auswirkungen der hohen Inflation und die vorsichtige Anlegerstimmung widerspiegelt.
„Der deutsche Immobilienmarkt wurde überproportional von den höheren Zinssätzen getroffen.“
Während wir dieses Interview hier fertigstellen, unternimmt eine Kombi aus neuer Bundesregierung und altem Bundestag eine enorme Schuldenaufnahme – ergänzt um europäische Programme – und hat damit am Anleihenmarkt einen veritablen, Jahrzehnte nicht gesehenen Verfall ausgelöst und die Zinsen sprunghaft steigen lassen. Welche Folgen wird diese Politik kurz–und mittelfristig auf die Real Estate Märkte, Debt wie Equity, haben?
Die 1-Billion-Euro-Frage. Das ist schwierig vorherzusehen. Die Schuldenpolitik der (neuen) deutschen Bundesregierung in spe macht nicht nur sprachlos, sondern hat auch an den Finanzmärkten erhebliche Nervosität ausgelöst, insbesondere im Immobilienmarkt, der im Kern kapitalintensiv ist. Die Renditen und Finanzierungskosten sind erstmal gestiegen und die Kurse der börsennotierten Immobiliengesellschaften gefallen. Ich gehe davon aus, dass wir mittelfristig auch wieder einen Anstieg der Inflation bekommen und sich die Finanzierungskosten tendenziell nach oben bewegen werden. Es dürfte aber auch einen Schub für das Wirtschaftswachstum geben, und die Mieten sind meistens an die Inflation gekoppelt.
Welche Größenordnungen an Wertkorrekturen haben wir bisher gesehen?
Meiner Meinung nach lag die vollständige Wertkorrektur bei Immobilien, die verschiedene europäischen Teilmärkte und Risikoprofile erfasst, im Bereich von 20 bis 50%, und bei Objekten in Notlagen fielen die Transaktionspreise auf ein Niveau, bei dem selbst vorrangige Kreditgeber Abschreibungen auf ihre Kreditpositionen hinnehmen mussten.

Auch aus geografischer Sicht gab es starke Unterschiede. Der deutsche Immobilienmarkt beispielsweise, der traditionell von relativ niedrigen Finanzierungskosten profitiert hatte, wurde überproportional von den höheren Zinssätzen getroffen, wie die hohe Zahl der Insolvenzen in der deutschen Immobilienwirtschaft zeigt.
Und das betrifft nicht nur das Segment der Schrottimmobilien, richtig?
In vielen dieser Insolvenzsituationen sind die zugrundeliegenden Immobilienprojekte zwar gut, aber die Kapitalstrukturen, die vor 2022 zur Finanzierung dieser Projekte eingerichtet wurden, nun aufgrund des Wertverlusts völlig zerbrochen. Darüber hinaus ist in den meisten Fällen, die zur Insolvenz geführt haben, der Wertverlust so groß, dass der aktuelle Marktwert des zugrunde liegenden Vermögenswerts keine vollständige Rückzahlung des investierten Eigenkapitals ermöglicht. Damit besteht für die Sponsoren kein wirtschaftlicher Anreiz, zusätzliches Eigenkapital bereitzustellen.
Aber in eine Wüste gibt es immer auch Oasen?
In manch anderen Ländern, z.B. in der Schweiz, waren die Auswirkungen auf die Immobilienwerte mit einem Rückgang der Transaktionspreise um durchschnittlich 5 bis 10% wesentlich moderater. Dieser „sichere“ Markt profitierte von starken Fundamentaldaten, die durch eine robuste Wirtschaft, Bevölkerungswachstum und ein begrenztes neues Angebot sowie eine niedrigere (negative) Zinssatzbasis zu Beginn des Zyklus bedingt waren.
Aber insgesamt ist das Glas halb voll. Ich glaube, dass wir bei vielen Immobiliensektoren die Talsohle durchschritten haben. In einigen Sektoren – z.B. Logistik – haben sich die Preise bereits seit einigen Quartalen stabilisiert.
„Das Hauptaugenmerk von Kreditgebern liegt auf dem Income und nicht auf einem Kapitalzuwachs durch Renditekompression.“
Wie haben sich denn die FK-Kosten insgesamt nun entwickelt, und wie blicken die Investoren darauf?
Die Gesamtkosten für Fremdkapital für gewerbliche Immobilien in Europa sind nach den Zinserhöhungen 2022-23 erheblich gestiegen. Derzeit liegen die Preise für vorrangige Senior Darlehen im Schnitt bei 5 bis 6% p.a. unlevered Loan IRR – also LIRR, d.h. Kupon plus annualisierte Gebühren – wobei der Beleihungsauslauf, also der Loan to Value auf Basis der neu bewerteten Vermögenswerte, häufig unter 50% liegt. Bei sogenannten Whole Loans, die in der Regel mit einem Beleihungsauslauf von 60 bis 70% höher liegen, liegt der Preis zwischen 8 und 10% p.a., je nach zugrunde liegendem Risikoprofil des Projekts.
Die schrittweisen Zinssenkungen der EZB ab Juni 2024 haben die Aussichten für die gesamten Finanzierungskosten nicht wirklich verändert.
Warum nicht?
Das Hauptaugenmerk von Kreditgebern liegt auf dem Income und nicht auf einem Kapitalzuwachs durch Renditekompression. „Cash is King“. Darüber hinaus dürfte die Gesamtinflation vorerst über dem Zielwert von 2% bleiben, und neue geopolitische oder finanzielle Krisen können schnell auftreten. Ich glaube, dass die Kapitalmärkte derzeit die Geschwindigkeit und das Ausmaß weiterer Zinssenkungen überschätzen. Darüber hinaus mussten die Banken aufgrund der Wertkorrekturen aus dem letzten Zyklus und der Umsetzung des regulatorischen Rahmens Basel IV einen steilen Anstieg ihrer risikogewichteten Aktiva bzw. ihres bilanziellen Risikokapitals in Bezug auf ihre Immobilienkreditbücher hinnehmen. Banken werden deshalb weiter sehr zurückhaltend in der Kreditvergabe sein.
Ralf Kind
Seit 2019 bei Edmond de Rothschild Real Estate Investment Management, hat Ralf Kind zwei Positionen inne: als Managing Director leitet er das Deutschlandgeschäft REIM (Immobilien) sowie das europäische Real Estate Debt-Geschäft des französischen Asset Managers. Damit ist er auch Fondsmanager für die bestehenden Fremdkapitalfonds (die ersten beiden Debt Fonds sind fast vollständig investiert, der dritte befindet sich jetzt in der Vermarktungsphase).
Der Betriebswirt verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Branche, mit Stationen u.a. als CEO/CFO der Demire Deutsche Mittelstand Real Estate AG, der Arbireo Capital AG und bei Barclays Capital, wo er zwölf Jahre im Investment Banking für die Immobilienmärkte in der DACH-Region zuständig war.
Darüber hinaus ergeben sich die Zinssätze für (variabel verzinsliche) gewerbliche Immobilienkredite aus einem Spread über dem Basiszinssatz, z.B. EURIBOR. Vereinfacht ausgedrückt, ist der Spread die Risikoprämie, die der Kreditgeber benötigt, um das Darlehen zu vergeben und die regulatorischen Eigenkapitalanforderungen für das Risiko zu decken.
Und dieser Spread hat sich wegen der schlechten Lage ausgeweitet, so das auch die Zinssenkungen hier keinen Effekt hatten?
Ja, und deshalb sehen wir, dass die Finanzierungskosten insgesamt noch länger hoch bleiben, als es die Forward-Kurve vermuten lässt, da die Banken bei der Kreditvergabe in dieser Anlageklasse defensiv vorgehen und nicht genügend Kapital zur Deckung des Finanzierungsbedarfs zur Verfügung steht. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass der Preis eines jeden Produkts von Angebot und Nachfrage bestimmt wird, und die derzeitige Nachfrage nach gewerblichen Immobilienkrediten ist angesichts des großen Investitions- und Refinanzierungsbedarfs infolge des Rückgangs der Immobilienwerte und des anhaltenden Rückzugs der Banken aus der gewerblichen Immobilienfinanzierung weitaus größer als das verfügbare Kapital.
Das Zusammenspiel dieser Faktoren hat zu der vielzitierten Finanzierungslücke geführt, die auf dem europäischen Immobilienfinanzierungsmarkt in den nächsten zwei Jahren auf rund 100 Mrd. Euro geschätzt wird. Aus der Sicht von Fremdkapitalinvestoren ist dies ein perfekter Markt. Investoren können attraktive Renditen aus erstrangig besicherten Finanzierungen bekommen, die oftmals auch zusätzliche Sicherheiten, wie z.B. Garantien des EK Sponsors, haben.
„Sobald ein Immobilienprojekt etwas komplexer wird, halten sich die Banken zunehmend zurück.“
Welche Folge hatte die Zinswende seit 2022 für das noch eher jüngere Segment des Real Estate Debt in Deutschland? Und ein paar Zinssenkungen haben wir ja mittlerweile auch gesehen.
Die jüngsten Zinssenkungen ändern nichts an dem strukturellen Trend, dass sich die Banken zunehmend aus der aus der Immobilienfinanzierung zurückziehen. Dies ist ein wesentlicher Treiber des Real Estate Debt Markts nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Nach der globalen Finanzkrise ab 2008 haben wir gesehen, dass die Banken ihre Kreditvergabe aufgrund regulatorischer Anforderungen – Basel III, IV – und weiteren aufsichtsrechtlichen Anforderungen zurückfahren. Das bedeutet nicht, dass die Banken gar nicht mehr finanzieren wollen. Ihr Schwerpunkt liegt jedoch mehr auf Kernkunden oder einfachen Finanzierungen mit Core Immobilien. Sobald aber ein Immobilienprojekt etwas komplexer wird, z.B. bei Umbaumaßnahmen, Konversionsprojekten, ESG-Modernisierungen, dann halten sich die Banken zunehmend zurück.

Die Sponsoren – aka EK-Investoren – benötigen aber Finanzierungen auch für diese Projekte, sonst rechnet sich das nicht für deren Zielrendite. Dies führt zu einem raschen Anstieg der Kreditfonds im Immobilienmarkt. Ob dabei die Zinsen hoch oder niedrig sind, ist dabei nicht entscheidend, der Nachfrageüberhang nach Finanzierungen überwiegt.
Haben Sie hier Größenordnungen zur Hand?
Um das mit Zahlen zu untermauern: INREV, die europäische Vereinigung für Investoren in nicht börsennotierte Immobilien, veröffentlicht jährlich ein Debt Fonds-Universum für Europa. Demnach hatten wir letztes Jahr 123 gemeldete Immobilien-Kreditfonds in Europa mit einem Zielkapital von rund 70 Mrd. Euro. Die durchschnittliche Größe eines solchen Kreditfonds liegt also bei knapp 600 Mio. Euro. Als ich vor sechs Jahren mit dem Aufbau des Private Real Estate Debt Geschäftsbereichs bei Edmond de Rothschild angefangen habe, waren es 67 Fonds mit etwa 30 Mrd. Euro an Eigenkapital. Der Markt ist also massiv gewachsen.
Welche Vorteile sehen Sie für welche Investoren bei Real Estate Debt gegenüber Equity? Und hier hat die Zinswende in den letzten zwei bis drei Jahren viel bewegt?
Die Argumente für RED lassen sich leicht zusammenfassen: attraktive Renditen mit einem hohen Cash-Anteil und einem guten Niveau an Sicherheit. Die laufenden Einnahmen aus den Zinsen eines Darlehens stellen den größten Teil der Rendite für Debt-Investoren dar und sind damit gut planbar und relativ stabil. Zinsen werden in der Regel vierteljährlich bezahlt, und Debt Funds schütten vierteljährlich an Investoren aus. Immobilienkredite sind besichert, z.B. über Grundschulden, Anteilsverpfändungen etc., und das nachrangige EK dient als Sicherheitspolster, wenn etwas schief geht, denn zuerst „verbrennt“ das EK.
Des Weiteren bieten Debt Investments eine höhere Diversifizierung und geringere Volatilität: Investitionen in RED können den Anlegern Diversifizierungsvorteile bieten, da es relativ einfach ist, sich in einer Vielzahl von Immobiliensektoren, Regionen und Projekttypen zu engagieren. Fremdkapitalinvestitionen in Immobilien sind in der Regel auch weniger volatil als diesbezügliche EK-Investments, da sie typischerweise nicht zum Marktwert bewertet werden. Darüber hinaus weisen sie eine geringere Korrelation zu traditionellen Anlageklassen wie Aktien und Anleihen auf.
„Der europäische Gewerbeimmobilienmarkt reagiert sehr empfindlich auf Offshore-Investoren.“
Und was sagt die Regulatorik?
In unserem ersten Debt Fonds, den wir während der Covid-Pandemie 2020/2021 aufgelegt haben, stammen ca. vier Fünftel der Mittel aus Deutschland, v.a. von von Versicherern. Das hat mit Solvency II zu tun, denn hier bietet RED einen weiteren strategischen Vorteil: Debt Investments müssen unter SII mit einer deutlich niedrigen regulatorischen EK-Quote unterlegt werden als EK-Investments in Immobilien. Die SCR-Ratio kann bei RED Investments, abhängig vom Beleihungsauslauf und der Duration des Kredits, unter 10% liegen. Für EK-Investments liegt die SCR Quote standardmäßig bei 25%. Die Rendite auf das SCR ist somit bei RED Investments kaum zu schlagen.
In den vergangen drei Jahren sind viele lokale Debt-Akteure wieder aus dem Markt geflogen, das Segment insgesamt hat aber enorm an Popularität gewonnen?
Hier müssen wir etwas in der Geschichte zurückgehen: Die ersten Immobilienkreditfonds wurden nach der Lehman-Krise in England aufgelegt, die nur im Vereinigten Königreich investierten. Die erste Welle lief von 2011 bis 2014. Als der dortige Markt zu klein wurde, expandierten GPs auf den Kontinent. Zunächst hatten sie Schwierigkeiten, Kredite zu finden und das Origination-Geschäft zu entwickeln.
Von 2015 bis 2017 tauchten in einer zweiten Welle die ersten heimischen GPs allmählich auf dem Kontinent auf, die sich aber primär auf ihre jeweiligen Heimatländer konzentriert haben. Dies hat sich inzwischen geändert. Von 2018 bis 2020 starteten GPs wie wir, die ihren Sitz in Deutschland haben, aber in ganz Europa anlegten.
Und dann kam die schnelle Zinswende?
Ja, und seitdem sind viele der deutschen Debt Fund-GPs, die sich in ihrer Kreditvergabe nur auf Deutschland konzentriert haben, komplett unter Wasser – oder bereits aus dem Markt ausgestiegen. Deutschland hat eine deutliche Wertkorrektur im Immobiliensektor-Sektor erlebt. Traditionell war der hiesige Markt wie eingangs erwähnt von niedrigen Kapital- und Finanzierungskosten charakterisiert. Der starke Zinsanstieg hat dann viele Bilanzen und Kapitalstrukturen durcheinandergewirbelt. Auch einige Investoren haben nicht nur über Fonds, sondern auch direkt über ihre Bilanzen investiert und sich dabei die Finger verbrannt. Diejenigen, die die europaweit investiert und stärker diversifiziert haben, haben ein stabileres Portfolio.
Also eine klassische Marktbereinigung? Trifft nicht nur die Falschen, oder?
Ja. Und für die weitere Entwicklung des Marktes vielleicht auch insgesamt eine gesunde Korrektur. Es waren in der Tat einige Marktteilnehmer unterwegs, denen die nötige Erfahrung und Investment-Disziplin fehlte.
Mit welchen Renditeerwartungen gehen Sie derzeit an die Segmente heran?
Nehmen wir ein Whole Loan-Darlehen, Value Add oder Projektentwicklung, erstrangig besichert, dann liegen die Zinskosten nicht unter 6%. Blicke ich auf unsere aktuelle Pipeline, einschließlich UK, liegt der Durchschnitt wahrscheinlich bei 8%, größtenteils festverzinslich strukturiert. Bei Mezzanine-Darlehen zwischen 60 und 80% Beleihungsauslauf sehe ich die Zinskosten aktuell zwischen 12 und 14%.
Edmond de Rothschild
EdR Reim als Immobilien-Investmentplattform verwaltet mit mehr als 140 Mitarbeitern über spezifische Investmentstrategien in ausgewählten Märkten mit starkem ESG-Fokus 13 Mrd. CHF.
Das 153 gegründete, bis heute familiengeführte Mutterhaus Edmond de Rothschild ist auf Private Banking und Asset Management in den Bereichen Corporate Finance, Private Equity, Immobilien und Fondsdienstleistungen spezialisiert und meldete Ende Dezember 2023 AuM von mehr als 163 Mrd. CHF.
Vor dem Hintergrund der höheren Fremdkapitalkosten und der sich vergrößernden Finanzierungslücke erwarten wir, dass die Renditen der neuen Darlehen, die hauptsächlich aus Whole Loans bestehen, aber auch eine gewisse Allokation in nachrangige bzw. Mezzanine-Schuldtitel umfassen werden, bei etwa 10 bis 11% brutto liegen werden, und dass die Nettorendite der Strategie für Immobilienkredite bei etwa 9% IRR liegen wird. Diese Zielrenditen werden nicht durch eine Finanzierung auf Fondsebene bzw. Leverage Effekt gehebelt, sind also unlevered. Der durchschnittliche Beleihungsauslauf LTV nach einem dreijährigen Investitionszeitraum dürfte bei etwa 70% liegen. Dies versteht sich natürlich ohne Renditegarantie was unsere Strategien betrifft, entspricht jedoch unseres Schätzungen auf Basis des aktuellen Marktumfelds.
Die angekündigte Schuldenaufnahme könnte diese Zinskosten unserer Meinung nach übrigens noch weiter steigen lassen.
Wie kommen Sie an die Loans? Direkt von den Sponsoren, oder spielen hier Makler eine große Rolle?
Im Wesentlichen direkt von den Sponsoren. Wir bevorzugen, direkt mit Sponsoren aus unserem Netzwerk zu verhandeln. Wir bekommen zwar sehr viele Anfragen von Maklern, sind aber bei diesen Transaktionen in der Regel etwas zurückhaltender, da diese breit über den Markt getragen werden. Die Erfolgswahrscheinlichkeit bei solchen Anfragen ist meistens deutlich niedriger.
Welche Rolle spielen die Banken in dem Spiel perspektivisch noch? Geht der Rückzug weiter?
Wir werden uns in Europa sukzessive dem amerikanischen Modell annähern. In den USA haben Private Debt bereits einen Anteil von 40 bis 50% an der Immobilienfinanzierung erreicht. In Großbritannien liegt der Anteil alternativer Kreditgeber, d.h. Debt-Fonds und Versicherer, bei etwa 30%. Auf dem Kontinent liegen wir bei 15%. Das bedeutet, dass hierzulande die Banken im Kreditgeschäft immer noch für 85% des Volumens stehen. Ich bin der Meinung, dass sich die Banken weiter aus diesem klassischen Geschäft zurückziehen werden bzw. ihre Geschäftsmodelle anpassen werden und der Marktanteil der Kreditfonds weiter steigen wird.
Und sehen Sie noch Krisenpotential aus notleidenden Immobilien mit ihren Krediten, z.B. im Bankensektor? Oder ist da schon alles abgeschrieben/ausgestanden?
Nein, ist es nicht. Es wird sicherlich noch mindestens ein oder zwei Jahre dauern, bis die Problemkredite in den Bilanzen der Banken abgearbeitet bzw. gelöst sind. In Deutschland geht man traditionell nach einer verzögerten „Salamitaktik“ vor, d.h. man wartet erstmal, was die anderen machen, bevor man sich dann langsam und schrittweise selbst bewegt. In UK ist das ganz anders. Dort heißt es „Bite the Bullet“: abschreiben, raus damit und dann wieder anfangen. Das ist eine andere Kultur.
Sehen Sie denn Investoren, die jetzt schon Opportunitäten suchen?
Smart Money-Investoren – u.a. Private Equity, bestimmte institutionelle Investoren vor allem aus Asien und dem Nahen Osten, Family Offices – sind bereits als Käufer auf dieeuropäischen Immobilienmärkte zurückgekehrt, insb. im Value Add- und opportunistischen Segment, in dem günstige Kaufpreise erzielt werden können. Während die Transaktionsvolumina immer noch weit unter dem Durchschnitt der Boom-Jahre liegen, könnten die massive Neubewertung des Marktes und die schiere Menge an investierbarem Kapital von Investoren zu einem schnelleren Erholungsprozess führen, als von vielen erwartet.
Es ist erwähnenswert, dass der europäische Gewerbeimmobilienmarkt sehr empfindlich auf Offshore-Investoren reagiert, auf die in der Regel 50% der Akquisitionen in einem bestimmten Jahr entfallen.
Wie sieht es in diesem noch jungen Jahr aus?
Für 2025 erwarten wir eine verstärkte Investitionstätigkeit. Das liegt in erster Linie daran, dass Investoren jetzt auf niedrigerem Preisniveaus einsteigen können und sich dadurch attraktivere Renditen realisieren lassen.
„Schätzungen zufolge werden etwa 1/3 der Entwickler in den nächsten zwei Jahren vom Markt verschwinden.“
Das heißt aber längt nicht, dass bald wieder alles in Butter ist?
Nein. Viele Kreditnehmer stehen vor der Herausforderung, Schulden zu refinanzieren, die zwischen 2016 und 2023 aufgenommen wurden und deren Fälligkeit zwischen zwischen 2025 und 2027 liegt. Europa steht in den kommenden Jahren vor einer massive Debt Funding Gap, einer Finanzierungslücke.
Wie sieht es in den einzelnen Sektoren aus?
Aufgeschlüsselt nach Sektoren weisen durch Büros besicherte Darlehen mit 44% die höchste kombinierte Debt Funding Gap auf, gefolgt von Wohnungen und Einzelhandel.
Außerdem gibt es Schätzungen, dass etwa 1/3 der Entwickler in den nächsten zwei Jahren vom Markt verschwinden werden.
Diese große Finanzierungslücke in Deutschland setzt die Entwickler weiterhin unter Druck. Und da Sie eben von Opportunitäten sprachen: Dies bietet eine hervorragende Gelegenheit, attraktive Deals zu finden – zumindest wenn man direkte Kontakte zu vielen dieser Unternehmen hat.
Sollten die Zinsen nun politisch bedingt auf signifikant höherem Niveau verharren, dürfte sich dieser Trend noch verstärken.
Welche Regionen und Segmente halten Sie gerade für attraktiv, und welche nicht?
Wir bevorzugen die großen Städte und Metropolregionen in Deutschland. Wie gesagt: In einigen Sektoren wie den Logistics zeigen die Preise schon seit einigen Quartalen wieder Stabilität. Wir glauben, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um sich auf einen Wiedereinstieg in den europäischen Immobilienmarkt zu reduzierten Preisen vorzubereiten.
Wir konzentrieren uns derzeit auf mehrere Strategien auf dem Immobilienmarkt: Auf der Kreditseite auf RED, auf der EK-Seite auf PSO, also Property Special Opportunities, Logistik und Wohnen.
Genauer bitte.
Zunächst zu RED: In Krisenzeiten bevorzugen viele Anleger FK- gegenüber EK-Strategien, da FK-Investments besichert sind. Gleichzeitig ermöglichen die aktuellen Verwerfungen Investitionen in neue Kredite zu einem sehr attraktiven Risiko-Rendite-Verhältnis. Laut der aktuellen INREV Investment Intention Survey 2024 bleiben FK Investments daher auch in den nächsten zwei Jahren die bevorzugte Strategie der Anleger in Europa.
Auf der Debt-Seite spielt die aktuelle konjunkturelle Lage einer bestimmten Region keine so wichtige Rolle, da man das Risiko des Investments über den Leverage steuern kann und der Upside ohnehin begrenzt ist. Man verdient bei Debt Investments nicht mehr als den Zins und die Gebühren.
Und auf der EK-Seite?
Bei EK-Investments sieht das schon anders aus. Hier spielt das Wachstum eine deutlich wichtigere Rolle. Gerade internationale Investoren aus Asien und USA sahen Europa und insbesondere Deutschland bis vor Kurzem als „No or low Growth“-Markt und interessieren sich, wenn überhaupt, nur für Special Sits Deals, wo man Renditen über 20% erzielen kann. Das sind die erwähnten Smart Money Investoren. Nun, da das gigantische deutsche Schuldenpaket geschnürt wurde, dreht sich die Wahrnehmung unter Investoren. Es bleibt abzuwarten, wie sich dieses Schuldenprogramm in tatsächlichem Wirtschaftswachstum niederschlagen wird, aber Psychologie spielte in der Wirtschaft schon immer eine wichtige Rolle.
Traditionelle Büroinvestoren wie manch Pensionsfonds und Versicherer verzeichnen derzeit erhebliche Verluste bei ihren Büroinvestitionen während dieses Marktzyklus’, hört man. Es wird die Meinung vertreten, dass, selbst wenn sich die Marktlage erholt, erhebliche Mittel nicht ohne weiteres in den Büromarkt zurückkehren werden. Wie sehen Sie das?
Es stimmt, dass der Bürosektor am stärksten von Problemen und Preiskorrekturen betroffen war und sich hier eine neue Normalität herausgebildet hat. Vor allem in den USA, aber auch in einigen europäischen Städten hat sich das Home Office fest etabliert. Dies hat dazu geführt, dass sich das Verhältnis zwischen Beschäftigung und Flächenumsatz entkoppelt hat. Hinzu kommt, dass in den letzten zehn Jahren in erheblichem Umfang neue Angebote mit hoher Qualität hinzugekommen sind, wodurch der Leerstand bei den älteren Büroimmobilien gestiegen ist.
„Die Qualität bzw. Stärke des EK-Investors ist neben der Lage der Immobilie das wichtigste Kriterium.“
Wovon lassen Sie in dieser Phase grundsätzlich die Finger? Bei welchen Anzeichen gehen bei Ihnen alle Alarmglocken an?
Auf der EK-Seite die Stranded Assets, z.B. Büros in B -oder C-Lagen, es sei denn es gibt realistische Umnutzungskonzepte, dann können diese Projekte durchaus interessant sein.
Auf der FK-Seite dubiose Immobilienentwickler, die kein richtiges EK in den Deal investieren können und mit künftigen Wertsteigerungen hausieren gehen. Die Qualität bzw. Stärke des EK-Investors ist neben der Lage der Immobilie das wichtigste Kriterium.
Welche Art von Investoren sind es, die jetzt besonders in Immobilien aufstocken?
Am meisten Zulauf haben Debt Investments, die sind sicherer und haben sehr attraktive Risiko/Rendite Parameter. Hier investieren insbesondere internationale Investoren, Versicherungen, Pensionskassen und Staatsfonds.
Auf der EK-Seite sind im Moment in Deutschland vor allem PE-Investoren, Family Offices und reiche Privatpersonen aktiv.
Was bewegt die Pensionsinvestoren?
Eigentlich die gleichen Themen, wie andere institutionelle Investoren auch, d.h. wie kann man sich in diesem volatilen Markt attraktive Renditen mit einem hohen Cash-Anteil sichern. Eine eher regulatorische Frage gilt der Anlageverordnung, d.h. in welche Allokation private Real Estate Debt gepackt werden kann.
Und?
Wir sind der Auffassung, dass Solvency-I-Investoren die Möglichkeit haben, ihre Private-RED-Investition dem § 2 (1) Nr. 17 AnlV (AI-Quote) zuzuordnen. Sofern mehrere Pensionsinvestoren an einer fondsgebundenen Schuldverschreibung interessiert sind, könnte der Initiator eines Debt Funds auch eine sog. Repackaging-Struktur für eine teilweise „Umwandlung“ der Fondsanteile in Schuldverschreibungen in Erwägung ziehen, indem er ein Verbriefungsvehikel nutzt, das in den Fonds investiert und solche Schuldverschreibungen ausgibt. Das würde dann eine Zuordnung zu § 2 Abs. 1 Nr. 7-9 AnlV – Schuldverschreibungen, Nachranginstrumente – ermöglichen. Ultimativ ausschlaggebend ist jedoch natürlich immer die Analyse des Pensions-Investors selbst, auf Basis seiner genauen Situation.
Welches Investitionsverhalten zeigen die Pensionsinvestoren derzeit im Allgemeinen?
Pensionsinvestoren wollen wieder mehr in RED-Fonds investieren, suchen eine „Überrendite“ im Vergleich zu Fixed Income mit einem hohen Cash-Anteil und guter Diversifikation. Viele sehen das jetzige Zeitfenster als gutes Vintage für Investments an.
Nicht nur die konjunkturelle und die geldpolitische Lage in Deutschland und Europa sind unklar, sondern auch und vor allem Lage und Perspektive der, sagen wir mal, „leicht volatilen“ Real Estate-Regulierung, namentlich in Deutschland. Unter der nächsten Bundesregierung kann schon wieder alles anders sein, so wie unter der übernächsten auch. Sorgt das bei Investoren für Unsicherheit, und wie gehen Sie damit um?
Ja, die politische Situation in Deutschland und die wirtschaftliche Situation haben viele Investoren im Ausland zur Kenntnis genommen. Wie angesprochen, war für manche Investoren ein Investment in Deutschland bis vor Kurzem ein „No-go“. Die Stimmung scheint sich aber zu drehen.
Wie ist hier nun Ihr erster Eindruck, und was erwarten Sie von der deutschen Politik? Was müsste hier passieren?
Pragmatische und verlässliche Politik bleibt weiterhin wichtig, und ist unabdingbar für Deutschland als Investitionsstandort. Weiterhin würde ich mir wünschen, dass der Leistungsgedanke und der Mut zur Veränderung wieder stärker in den Vordergrund treten.
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