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Der Koalitionsvertrag und die Infrastruktur:

Abrechnung in zehn Akten

Infrastruktur, alle reden von Infrastruktur. Schließlich hat Deutschland nun endgültig 500 Milliarden ins Schaufenster gestellt. Doch Vorsicht an der Bahnsteigkante: Es ist nicht alles Gold, was glänzt, es wird nicht überall Infrastruktur drin sein, wo Infrastruktur drauf steht, der Staat liest sich nun als GP – und hat Klingbeil Ozempic dabei? Jeder mit Verantwortung für Pensionsgelder sollte doppelt wachsam sein – und das mehrfach. Eine Abrechnung – am Ende mit Hegel und Goethe.

Bekanntlich steht das Thema „Infrastruktur“ ganz oben auf der politischen Agenda der Bundesregierung in spe. Während in dem 144 Seiten starken Koalitionsvertrag die bAV auf 5 1/4-Zeilen abgehandelt wurde und auch die Altersversorgung insgesamt nur überschaubaren Raum einnimmt, hat die Infrastruktur – ohnehin kürzlich erst in der AnlV aufgewertet worden – sichtlich mehr Aufmerksamkeit erhalten; die Kapitel 1.3 und 1.4., Verkehr und Infrastruktur, Bauen und Wohnen sowie Klima und Energie, nehmen insg. 14 Seiten ein – zzgl. einer Seite zum Sondervermögen Infrastruktur. Einige wichtige Aspekte, damit die 500 Mrd. Euro Sondervermögen „verantwortungsvoll“, wie es heißt, ausgegeben werden:

Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, Stichtagsregelung im Planungsverfahren, Reform des Verbandsklagerechts, Ersatzneubauten ohne neues Planfeststellungsverfahren, und im Steuerrecht soll zielgerichtet ein wettbewerbsfähiger Rahmen für Fonds geschaffen werden, die in Infrastruktur und Erneuerbare investieren.

Außerdem sieht dieser Staat sich nun offenbar zunehmend als Asset Manager, kurzer O-Ton (gerafft):

Wir werden einen Deutschlandfonds einrichten, unter dem wir die Kraft der privaten Finanzmärkte mit dem langfristig strategischen Vorgehen des Investors Staat verbinden. Dazu stellen wir mindestens zehn Mrd. Euro Eigenmittel bereit, hebeln dies mit privatem Kapital und Garantien auf mindestens 100 Mrd. Euro. Dieser Dachfonds soll Finanzierungslücken bei Wachstums- und Innovationskapitals schließen, insb. für Mittelstand und Scale-ups. Investmententscheidungen werden in unternehmerischer Governance getroffen, Investmentfokus in Deutschland. Das Modell kann Vorbild für Fonds in den Ländern sein. Die gesamte Start-up-Finanzierungsarchitektur unterziehen wir einem Effizienz-Check.“

Deutschlandfonds? Aha, dieser Staat sieht sich nun also als GP! Wenn Staat, Beamte und Start-ups in einem Atemzug genannt werden, kann einem schon etwas Angst und Bange werden.

Aber was soll eigentlich „Hebel“ hier heißen? Das kann ja eigentlich nur FK der Investoren sein, kein EK. Aber für FK muss der Staat keinen Fonds auflegen, Bunds hat er auch so genug, nach Abschaffung der Schuldenbremse erst recht. Daran ist er jedenfalls nie short.

Wie dem auch sei, ein paar Stimmen gibt es schon, und die mäandrieren zwischen Licht und Schatten. Allerdings haben die meisten Verbände sich bis dato nur relativ allgemein zur Infrastruktur geäußert (die einschlägigen BDA, IDI und BAI abseits LinkedIn sogar noch gar nicht). Konkreter in Sachen Infrastruktur wurden nur BDI und BVI:

BDI: „Gesamtkonzept fehlt“

BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner begrüßte kurzfristige, konkrete Entlastung von Industrie, Gewerbe und privaten Haushalten von zu hohen Energiekosten, bemängelte aber das Fehlen eines langfristigen Gesamtkonzeptes für international wettbewerbsfähige Energiepreise: „Hier muss die Regierung in der Umsetzung zeigen, dass sie es mit mehr Effizienz und damit niedrigeren Kosten in der Energiewende ernst meint.“

BVI: „Planwirtschaft“

Thomas Richter, BVI.

Tomas Richter lobt zwar, die Regierung habe erkannt, dass sie die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Fondsstandortes stärken muss, um mehr Fondsmanager in Deutschland anzusiedeln und damit Investitionen in Deutschland zu steigern. Aber auch der BVI-Chef kritisiert die neue Rolle, in der sich der Staat sieht:

Wir sehen es kritisch, dass der Staat mit dem Deutschlandfonds und den geplanten Fonds zur Förderung des Ausbaus von Infrastruktur, Wohnraum und Start-ups zur Sammelstelle von privatem Kapital werden möchte und es planwirtschaftlich verteilen will.“

Fazit von ALTERNATIVESINDUSTRIES

Vieles, doch längst nicht alles von dem, was die Koalitionäre zur Infrastruktur verfasst haben, ließt sich gut. Skepsis darf bleiben, das betrifft nicht nur die salbungsvollen Worte, sondern wie diese in der Realität umgesetzt werden sollen. Zehn Punkte:

Erstens: Warum Deutschland, wenn es auch woanders geht?

Abwarten, ob die vielbeschworenen privaten Investoren Deutschland als Investitionsstandort überhaupt so attraktiv finden, wie man sich das erhofft. Das eine Problem heißt Staatsfonds, denn wer will sich schon in einem „planwirtschaftlichen“ (Richter) Staats-GP-Vehikel einsperren lassen, wenn es weltweit auch genügend privat-professionell gesteuerte gibt?

Zweitens: Crowding out, und wer soll das alles machen?

Das andere Problem heißt Crowding out, also die Verdrängung privater Investoren, wenn nun der meist eher ungeschickte Beamtenstaat mit tiefen Taschen in den Markt drängt. Das betrifft übrigens auch den Wettbewerb um diejenigen begrenzten Ressourcen, Anbieter und Kräfte am Markt, die die ganze schöne Infrastruktur bauen sollen. Wenn der Staat hier jeden Preis zahlt, muss man als Privater sehen, wo man bleibt. Nicht nur Eigenheimplaner, sondern auch institutionelle Eigentümer von Real Estate werden das übrigens vorneweg merken. Dann folgen die privaten Infra-Investoren.

Drittens: Alles eine Frage der Rechtssicherheit

Unter dem Gesichtspunkt des Standortes ebenfalls nicht zu unterschätzen: die hier schon früh kritisch bewertete Verankerung des Klimaschutzes im GG, was selbst von Spitzenpolitikern schon freudig als Ansatz für Klagen gegen neue Projekte identifiziert worden ist. Das sollte jeder, der für institutionelles Geld Verantwortung trägt, gut verinnerlichen. Pensions-Investoren sei jedenfalls schon jetzt zugerufen, bei der Auswahl ihrer Investitionsstandorte doppelt vorsichtig zu sein, wollen sie nicht riskieren, dass ihre Investments von deutschen (NGO-)Klägern und Richtern erstmal auf Jahre aufs Abstellgleis geschoben werden (ein Szenario, das der Autor nicht allein hat. So hat bspw. Stefan Aust es erst gestern in der Welt aufgegriffen).

Viertens: Viel Geld zieht Stümper und Unseriöse an

Es scheint eine Art Gesetzmäßigkeit zu geben, dass komplexe Märkte, in denen sich normalerweise nur seriöse Profis aufhalten, die aber dann plötzlich vom Staat mit Geld geflutet werden, unseriöse und fachfremde Stümper und teils auch Betrüger anziehen. Hierfür gibt es Beispiele im Real Estate:

Nach der Wende pumpte der Staat mittels Sonder-AfA enorme Summen in die ostdeutschen Immobilienmärkte. Geschlossene Immobilienfonds schossen wie Pilze aus dem Boden – für die es schon rein quantitativ gar nicht genug qualifiziertes Personal geben konnte. Wer diese Szenerie damals erlebt hat, wird sich an die zahlreichen teil- und unseriösen Anbieter und Gestalten erinnern, die sich damals dort tummelten – die natürlich dann zusammen brach, als externe Störfaktoren die Party beendeten: die Kombination aus Wirtschaftskrise und Überangebot.

Anderes, ganz gegenwärtiges Beispiel: der Immobilienboom in der vergangenen Niedrigzinsphase, gespeist von frischem QE-Geld. Auch zahlreiche Pensions-Investoren können viele Lieder singen von halbseiden Projektentwicklern, die dann krachten, als die Umstände sich änderten: hier der Zins. Der Österreicher ist nur ein prominentes Beispiel.

Man wird in diesen finanziellen Überflutungsgebieten viele unangenehme Akteure antreffen können.“

Nicht auszuschließen, dass Investoren, wenn jetzt billionenschwere Steuer-Pakete in Infrastruktur & Co (was auch immer künftig darunter zu verstehen sein wird, s.u.) gepumpt werden, die gleichen Erfahrungen noch mal machen müssen. Auch wenn technisch noch unklar ist, wie der Staat dieses schöne neue, Geld ausgeben wird: Man wird in diesen finanziellen Überflutungsgebieten künftig nicht nur die Infra-Profis von heute, sondern auch viele unangenehme Akteure antreffen können. Pensions-Investoren sei jedenfalls auch schon jetzt zugerufen, bei der Auswahl ihrer Partner künftig doppelt vorsichtig zu sein. Track Record dürfte Key werden.

Fünftens: Wie man Millionen abgreift

Noch jemand wird von viel Staats- und Steuergeld magisch angezogen: die oben schon adressierten NGOs aus dem Politumfeld, mit denen sich verdiente Parteigänger und Genossen bestimmter Parteien von Seilschaften in Ministerien millionenschwere Fördermittel zuschanzen lassen, meist für ganz, ganz wichtige Studien zu ganz, ganz wichtigen Themen, die leider, leider deshalb auch ganz, ganz viel kosten. Man kann davon ausgehen, dass sich sich dieses Muster auch in den nun milliardenschwer geförderten Sektoren etablieren wird.

Staatsgeldregen auf Infrastruktur. Foto: KI.

Noch ein anderes, verwandtes Geschäftsfeld eröffnet sich Ex-Politkern: das des Beraters, der zwar wenig bis nichts wirklich kann, dafür aber aus alten Zeiten über ein prall gefülltes Telefonbuch zu Ministerialen verfügt.

Mal sehen, ob hier in Kürze auch just abgewählte A- bis C-Politpromis auftauchen, von Christian Lindner über Kevin Kühnert bis Emilia Fester. Überraschen würde das jedenfalls nicht.

Es sei wiederholt: Niemand muss in Sorge sein, die vielen Milliarden könnten unbetreut ausgegeben werden. Ohne Zweifel wird in Kürze ein neues Universum an NGOs entstehen, in denen alte und junge Kader aus den beteiligten Parteien auf vorgebliche Effektivität, Effizienz und v.a. politische Korrektheit der Investitionen achten. Begriffe wie „Infrastruktur“ und „Verteidigung“ kann man – gestützt auf stabile Weltanschauung – sehr weit auslegen; und das wird man auch tun. Da sind wir schön beim nächsten Punkt:

Sechstens: Was heißt hier Infrastruktur?

Wenn solche Milliarden-Mittel ins Schaufenster gestellt werden, kann man sich darauf verlassen, dass die Politik den Terminus Infrastruktur nicht rein technisch definieren wird, sondern v.a. weltanschaulich. Alle, die mit Blick auf den maroden Zustand des Lands glauben, mit dem neuen Geld werde sich Alles zum Besseren bewegen, werden sich noch wundern, was die Verantwortlichen so alles unter den Termini „Infrastruktur“, „Zukunftsinvestitionen“, „Stärkung des Standort Deutschlands“ etc… verstehen können.

Infrastruktur als komplexe Asset-Klasse. Foto: Baz

Die Welt berichtet aktuell in mehreren Beiträgen schon jetzt davon, dass deutsche Kommunen, infolge der explodierenden Sozialausgaben am Rande des finanziellen Zusammenbruchs, zur Deckung ihrer Defizite schon auf die Infrastruktur-Sondervermögen schielen, während es die Länder eher auf neue Schulden nach Aufheben der Schuldenbremse setzen, um sie in die Migration zu leiten. Mit dem neuen Geld also Löcher stopfen statt Fortschritt antreiben? Ja. Und das dürfte erst der Anfang sein.

Siebtens: Liegt es überhaupt am Geld?

Es sei hier zum wiederholten Male erneuert: dass man mit Fug und Recht bezweifeln darf, inwiefern fehlende Mittel überhaupt Ursache des Reformstaus in Deutschland sind – oder ob es nicht vielmehr Über-Bürokratisierung, Beamtenwesen und Missmanagement sind, die dieses Land – das sogar mit über 2 Bio. Euro Steuern und Abgaben p.a. nicht auskommt – hemmen.

Nicht nur die Dresdner Carolabrücke, die nicht wegen zu geringer sächsischer Etats eingestürzt ist, ist hierfür gutes Beispiel, sondern v.a. die Bundeswehr: Abgesehen davon, dass diese seit Jahrzehnten den viertgrößten Verteidigungsetat der NATO und den siebtgrößten der Welt fährt, sind dem Vernehmen nach weite Teile der einst von Olaf Scholz als Sondervermögen-Wumms beschlossenen 100 Milliarden Euro bereits ausgegeben. Von substantiellen Fortschritten in der Armee ist nichts bekannt, im Gegenteil.

Weiteres Beispiel: die Bahn. Satte 17. Mrd. Euro Steuerzahlergeld müssen hier Jahr um Jahr zugeschossen werden, nur damit die müden Räder nicht sofort stehenbleiben. Glaubt irgendjemand da draußen, dass bei der Bahn irgendwas besser wird, wenn man nun statt 17. Mrd. sagen wir 34 Mrd. Euro über ihr ausschüttet?

Achtens: Die Zwänge der Realität

Abwarten, wie groß die Handlungsspielräume dieser Bundesregierung angesichts der sich auf allen Politikfeldern ständig verschärfenden Lage – Verhältnis zu den USA, zu Russland, zu zahlreichen europäischen Staaten, der Krieg im Osten, Migration vs. Brain-Drain-Auswanderung, Fiskallage und Zinsen, De-Industrialisierung, die Energiefrage, die Spaltung der Gesellschaft, ständig stärker werdende AfD … künftig überhaupt noch sein werden, Sondervermögen hin oder her. Immerhin reden wir hier von einem Land, dass stramm auf die 90 Mio. Einwohner zuläuft. Vieles spricht jedenfalls dafür, dass der Regierungsalltag aus dem bisherigen Trott der weitgehenden Handlungsunfähigkeit nicht herauskommen wird.

Neuntens: Stay focused statt Realsatire

Im Koalitionsvertrag steht allen ernstes: „Wir streben an, dass eine deutsche Astronautin oder ein deutscher Astronaut im Rahmen einer internationalen Mission zum Mond fliegt.“

Das hat schon was von infantiler Realsatire. A: Was soll Deutschland auf dem Mond? Was gibt es da interessantes zu erkennen, gewinnen, erforschen, was dieses Land in seinen eben erwähnten ganz alltäglichen Zwängen weiterbringt?

Wir sind wieder wer: Deutschland auf dem Mond! Foto: KI.

Und B: Hat Deutschland am Vorabend seines demographischen Zusammenbruchs nichts besseres zu tun? Hat man dafür die Schuldenbremse aufgehoben? Hat dieses Land, aus dem sich ganz irdisch selbst internationale Airlines zunehmend zurückziehen, keine anderen Sorgen, als Menschen auf den Mond schicken zu wollen?

Der Hauptunterschied dürfte sein, dass das Geld nicht mehr zum Nulltarif zu bekommen ist.“

Abgesehen davon, dass diese deutsche Mondladung ohnehin niemals stattfinden wird, wäre der Autor schon froh, wenn es stattdessen gelänge, die Leverkusener Brücke fertig zustellen. Wenn man damit fertig ist, sollte man sich auf die Berliner A100 fokussieren, Dresden wartet auch noch. Und wenn man das alles geschafft hat und die weiteren ca. 16.000 sanierungsbedürftigen Brücken (zzgl. Dunkelziffer) in Deutschland unter Kontrolle hat, dann kann man ja gern auf den Mond fliegen. Über 16.000 Brücken, die trotz vergangener Rekordsteueraufkommen und Rekordstaatshaushalte marode geworden sind und es auch bei weiteren Geld-Rekorden bleiben werden.

Zehntens: Fahrenheit 451

Und schließlich: Papier ist geduldig, besonders das, auf dem Koalitionsverträge geschrieben sind. Und bekanntlich gilt mit Hegel: Die Wahrheit der Absicht ist nur die Tat selbst.

Was tun also?

Wie hier schon zum Ende der Niedrigzinsphase bemängelt worden ist: Deutschland und Europa haben die Jahre der billigen Geldschwemme zu allem möglichen genutzt – nur nicht, um sich wetterfest zu machen. Warum sollte es diesmal anders sein? Der Hauptunterschied dürfte sein, dass das Geld jetzt nicht mehr zum Nulltarif zu bekommen ist.

Um nicht völlig destruktiv zu sein: Was jetzt Not täte, wäre das Rezept eines Pferdedoktors, denn den braucht das Land:

Deutschland muss sich jetzt auf das Wesentliche konzentrieren, das hieße zunächst Abwanderung der Industrie stoppen, Wirtschaft auf Wachstumskurs bringen, Einwanderung in die Sozialsysteme konsequent unterbinden, weiteres Bevölkerungswachstum verhindern, Sozialleistungen auf adäquates Maß zurechtstutzen, Steuern besonders im gewerblichen Bereich massiv und direkt senken, Zerstörung der eigenen Energieinfrastruktur sofort stoppen und möglichst rückgängig machen, öffentliche Verwaltung massiv verschlanken, d.h. die in den letzten Jahrzehnten aufgelaufenen Wasserköpfe schnellstens so zurückfahren, wie es die Rechtslage maximal zulässt, weitere Überregulierung schon in Brüssel unterbinden, hier vor Ort schnell und ersatzlos wo vertretbar deregulieren, nur noch auf heimische, max. europäische Aufgaben fokussieren bei Abkehr von allen globalen (Stichwort: 10 Mrd. Euro an Indien), jüngste Abgabenerhöhungen rückgängig machen (CO2) – und wenn man das geschafft hat, dann, und nur dann kann man sich überlegen, ob man das fiskalische Füllhorn öffnet – was bei solchen Standortverbesserungen vermutlich gar nicht mehr nötig wäre.

Andersherum: Wenn man im gegenwärtigen Zustand auf von Bürokratie und Beamten geprägte Verkrustungen noch mehr Geld drauf kippt, dann bekommt man keine Verbesserung, keine Effizienz, keine Fortschritte, sondern nur was? Richtig: Noch mehr Beamte, noch mehr Bürokratie und noch mehr Verkrustung.

Und wenn all das zu kompliziert scheint – eine ganz einfache Maßnahme würde schon helfen: Wenn man dieses Land fiskalisch sowieso zu überdehnen bereit ist, dann nehme man einfach die gesamte Neuverschuldung und die gesammelten Sondervermögen und investiere diese in nichts anderes als Senkung für Unternehmenssteuern, anstatt nun selber auf Asset Manager und GP zu machen, und halte sich ansonsten einfach raus und kümmere sich als Staat ausschließlich um die Rekonvaleszenz von seinem strukturellen Bürokratie-Metabolismus.

Nun, da es der zwar erfolglosen, dafür umso schlaueren SPD gelungen scheint, Arbeits- UND Finanzministerium zu besetzen, kann sich wohl jeder selber ausrechnen, wie gut die Chancen stehen, dass Deutschland diesen Weg der Gewichtsabnahme gehen wird. Ozempic dürfte jedenfalls nicht in Lars Klingbeils Werkzeugkasten verfügbar sein.1)

Kleiner Trost: Deutschland ist mit dieser Misere nicht allein. Fast alle Staaten auf der Welt leiden in diesen Jahren unter insuffizienter Governance, von Ost bis West und Nord bis Süd.

Wirklich alles schlecht? Alles Schwarzmalerei?

Heißt das jetzt, dass alles schlecht laufen wird und dass gar nichts passieren wird? Nein, natürlich nicht. Natürlich wird es auch gute, nachhaltige Projekte geben, welche unsere Infrastruktur voranbringen, das kann bei soviel frischem Geld gar nicht ausbleiben, und noch sind es ja die professionellen GPs und LPs, die hier den Ton angeben. Die geplanten Summen sind viel zu groß, als dass selbst der insuffizienteste Staat sie komplett in den Sand setzten könnte. Es wird halt ähnlich laufen wie mit den neulichen 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr: punktuelle Verbesserungen hier und da – aber keinerlei durchschlagender Erfolg, den man bei solchen Summen erwarten muss. Nochmal: Der gegenwärtige Zustand Deutschlands ist nicht zu wenig öffentlichem Geld geschuldet!

Ist das alles die übliche Schwarzmalerei? Keineswegs. Beleg gefällig?

Dass man als Pensions-Investor, auch als sehr erfahrener, selbst bei der schönsten Infrastruktur mit dem zukunftsgewandtestem scheinenden Geschäftsmodell gleichwohl viele Millionen sang- und klanglos verlieren kann, wenn nur der Staat mit viel Wille, viel Subvention, Geld und viel Politik dort mitmischt, zeigt ja nun jedem bestens und unzweideutig das akute Paradebeispiel „Northfault“. Dazu übrigens zwischenzeitlich mehr hier auf ALTERNATIVESINDUSTRIES.

Summa summarum bleibt der Autor jedenfalls skeptisch. Seine Prognose: Sollte diese Koalition überhaupt durchhalten, die ganzen schönen Sondervermögen ausgegeben werden und schon allein die explizite Staatsverschuldung Richtung 100% des BIP gehen (von der impliziten ganz zu schweigen), dann werden sich die Menschen in diesem Land in vier Jahren am Kopf kratzen und sich fragen, warum denn trotzdem die Multi-Talfahrt ihrer Heimat nicht nur weitergeht, sondern auch noch Fahrt aufgenommen hat. Das gilt namentlich für die Infrastruktur.

Oder wie der echte Altmeister weiland es geschrieben hat:

So sind wir scheinfrei denn nach manchen Jahren
Nur enger dran, als wir am Anfang waren.“

Nun, man wird sehen. Aber denen, die auf den Druck der Verhältnisse setzen, sei zugerufen:

Nur weil sich etwas ändern MUSS, heißt das noch lange nicht, dass sich auch etwas ändern WIRD.

FN: Am Rande: Relativ zu ihrem Wahlergebnis ist die SPD in diesem Kabinett mit ihrem kolportierten sieben Ministerien ohnehin überrepräsentiert. Nicht nur aus Gründen der politischen Balance wäre es wünschenswert gewesen, ginge das Finanzministerium an die CSU. Im Zweifel könnte dafür sogar Auswärtiges an Klingbeil gehen. Für Deutschland wäre das jedenfalls die bessere Wahl.