… wenn nicht jetzt, wann … oder gerade jetzt nicht? Heute der dritte Teil der Berichterstattung zu Lage und Perspektive im Bereich Infrastruktur, dokumentiert auf dem PEI Infrastructure Investor Global Summit im März. A●I-Autor Merten Trautmann war dabei und widmet sich heute drei besonderen Sub-Segmenten – und der Gretchenfrage überhaupt.
Nach dem ersten und dem zweiten Teil heute der dritte und letzte Teil der Berichterstattung zum PEI Infrastructure Investor Global Summit, der vom 18. bis 21. März in Berlin stattfand:
Für Daniel Fuchs, Managing Director und Head of High Yield Infrastructure Debt bei BlackRock, ist der derzeitige Markt für Infrastructure Private Debt aufgrund zweier großer Trends so vielversprechend wie die letzten 20 Jahre nicht. Zunächst die gute Dynamik beim Risiko-/Renditeverhältnis: „Die Risiken von Infrastruktur sind typischerweise unkorreliert zu anderen Märkten – wichtig im jetzigen Marktumfeld, wo es eine Menge an Volatilität gibt“, so Fuchs. Zudem habe man „als Fremdkapitalgeber eine gesichertere Position in der Kapitalstruktur.“
Der zweite Infra Debt unterlegende Trend ist für ihn die attraktive Dynamik auf der Kapitalangebots- und Kapitalnachfrageseite. Die Attraktivität des Segments zeige sich auch daran, dass das Thema auf der PEI-Konferenz eine größere Rolle spiele und ein ganzer Konferenztag dem Thema gewidmet ist – obwohl doch „historisch die Konferenz eher eine Veranstaltung war, die auf die Eigenkapitalmärkte geschaut hat.“
Sinngemäß bestätigt auch Michael Hennig diese Beobachtung: „In der Vergangenheit haben viele Investoren aufgrund der kaum vorhandenen Returns und des für die Illiquidität nicht mehr adäquaten Risk-/Return-Profils Infrastructure Debt außen vor gelassen und lieber in Infrastructure Equity investiert. Für die Illiquidität des Segmentes ist der angebotene Return nicht mehr adäquat gewesen. Dies hat sich nun geändert.“
Das Thema sei aber vielschichtig. So hätten viele Anleger, nachdem die Bewertungen für Equity hochgegangen sind, im Rahmen einer gleichbleibenden Allokation ihre Debt Investments nachgezogen bzw. setzen dies gerade um. „Einige Investoren haben sich in den letzten 12 bis 24 Monaten dabei konkret auf den Bereich Infrastructure Debt fokussiert.“ Der Peak der Nachfrage sei jetzt wahrscheinlich erreicht, schätzt der Head of Client Solutions Germany bei Energy Infrastructure Partners die Lage ein.
Markus Schuwerack sieht gerade für deutsche Investoren – traditionell eher risikoavers – Opportunitäten bei Infrastructure Debt. „Es bietet sich jetzt die Möglichkeit, vom gestiegenen Zinsumfeld zu profitieren und dies mit einem nachhaltigen Debt Investment für längere Zeit zu fixieren.“
Zudem legten aktuelle Studien von Moody’s mit geringen Ausfall- und hohen Recovery-Raten den Beweis für die Resilienz der Asset-Klasse dar, so der Country Head of Sales Germany & Austria der Sienna Investment Managers. Das franco-kanadische Haus hat sich ausschließlich auf Investitionen in Energy Transition verschrieben, welche laut Schuwerack gerade bei deutschen Investoren gefragt sind. Obwohl relativ neu am deutschen Markt, habe man viel positives Feedback und Interesse auf der Konferenz wahrgenommen.
Secondaries auf dem Sprung?
Ein deutlich gewachsenes Interesse der Marktteilnehmer an Secondaries im Infrastruktur-Bereich verzeichnet Dominik v. Scheven, Managing Director Real Assets Investments von Hamilton Lane. „Das Momentum ist sehr positiv“, und man habe auf der Konferenz eine Fülle an vielversprechenden Gesprächen geführt. „Wir sind von vielen Gesprächspartnern direkt angesprochen worden mit der Bitte um Auskünfte zu Secondaries. So etwas habe ich auf der Konferenz noch nicht erlebt.“ Die Entwicklung des Marktes für Infrastruktur Secondaries laufe dem Markt für Private Equity etwa acht bis zehn Jahre hinterher. Und, so der Managing Director Real Assets Investments von Hamilton Lane weiter, der Sektor werde ein genauso etablierter Sub-Markt im Infrastruktur-Bereich, wie er es im Private Equity-Bereich bereits ist. Gerade 2023 sein ein Rekordjahr bei den Transaktionen gewesen. „Der Trend geht zu immer größeren Transaktionen, wie sie bei Private Equity Standard sind.“
Unterstützend: Die aktuelle Veränderung des Marktes von einem Verkäufer- zu einem Käufermarkt. „Von 2017 bis 2021 hatten wir einen Verkäufermarkt. Es wurde sehr viel zu Par Value bezahlt, teilweise auch Premiums. Seit den letzten 12 bis 18 Monaten ist es auf jeden Fall ein Käufermarkt, es gibt sehr viel mehr Discounts“, erläutert v. Scheven.
In den letzten Jahren waren Discounts von 10-15% üblich; v. Scheven: „Das heißt aber nicht, dass wir alle Transaktionen idealerweise mit einem Discount haben wollen. Wir haben auch Transaktionen abgeschlossen, wo wir durchaus bereit waren, etwas Premium zu zahlen, weil wir noch sehr viel Upside in dem Portfolio gesehen haben“. Dabei sei die riesige Datenbasis von Hamilton Lane mit etwa 60.000 Fonds (Stand 31. Dezember 2023) ein großer Vorteil, um für Transaktionen schnell einen Preis abgeben zu können. Die Wettbewerber könne er noch an einer Hand abzählen. Er rechnet aber bei weiterem großem Wachstum mit vielen neuen Playern in diesem Markt.
EM Infra to rise?
Martijn Proos zählt derweil die Vorzüge eines Investments in Emerging Market-Debt auf, dessen Bedeutung weiter zunehme. Derzeit würden 60% aller Kohlenstoffdioxid-Neuemissionen von EM-Ländern verursacht, so der Co-Head Emerging Market Alternative Credit bei Ninety One. Jedoch: Bis 2030 stehen sie voraussichtlich für mehr als 90% des zu erwartenden Emissionswachstums – davon ein signifikanter Anteil für Infrastruktur – so der Fondsmanager des 1991 in Südafrika gegründeten Investment Spezialisten mit Fokus auf Emerging Markets.
Martijn Proos, Ninety One.
Und der Spread Pickup? Laut Proos 200 bis 300 BP für Senior Secured Debt gegenüber den entwickelten Ländern bei nur marginal größerem Risiko; zudem unkorreliert zu den entwickelten Ländern. So seien die von Moody’s gezeigten kumulierten Ausfallraten für einen Zeitraum von 20 Jahren für Infrastruktur-Investments in den Emerging Markets nur geringfügig höher als in den entwickelten Ländern. Bei den Recovery-Raten gebe es kaum einen Unterschied. Ein wichtiger Punkt sei auch, dass die Ausfallraten von EM Infrastructure Debt geringer seien als für Non-Infrastructure Debt bzw. Corporate Debt mit Baa3-Rating. Für nachrangiges Kapital oder Mezzanine mit entsprechend höherem Risiko seien die Spreads natürlich deutlich höher. Proos hält das gesamte Sub-Segment für sehr attraktiv und denkt, dass es bei Investitionsentscheidungen oft übersehen wird.
Ein großes Thema auf der Konferenz ist Blended Finance, die Kombination öffentlichen und privaten Kapitals. Der von Ninety One gemanagte Emerging Africa Infrastructure Fund wird laut Proos bspw. von vier europäischen Regierungen unterstützt, Schweden, der Schweiz, Großbritannien und Deutschland. Seine Sektoren: z.B. alternative Energien wie Solar, Biomasse und Wind, aber auch Digitalisierung und Transport. Gerade in den Emerging Markets bestehe ein großer Bedarf an Transition Money und privatem Kapital für den Ausbau der Infrastruktur, so Proos.
Ein Diskussionsschwerpunkt auf der Konferenz: Wie kann Kapital für die Emerging Markets mobilisiert werden? Sollte das Zinsniveau in den Developed Markets wieder sinken, werde EM Infrastructure Debt für Investoren noch interessanter, erwartet der Ninety One Manager.
Rage against the Regulatorik
Regulierung: Im Allgemeinen will der Staat eher mehr, die Marktteilnehmer weniger. Gibt es ein vernünftiges Mittelmaß?
„Ich glaube, dass man in Europa in den letzten 18 Monaten eher mehr Unsicherheit im regulatorischen Bereich gesehen hat. Unsicherheit ist grundsätzlich nicht gut für Privatmarktanleger“, äußert sich Esther Peiner, Partner und Global Head of Private Infrastructure bei der Partners Group in der Schweiz. Der erste Wunsch wäre eine klare Regulierung. Eine unterstützende Regulierung wäre das „Sahnehäubchen auf dem Kuchen“. Momentan sei es aber so, dass die aktuell große Unklarheit viel Aktivität an der falschen Stelle erzeugt. „Wenn man mit transparenten Ansätzen einfach Klarheit schaffen würde, dann würde das GPs und LPs sehr helfen, sich auf das zu konzentrieren, worum es eigentlich geht – die Auswahl von guten Investitionsanlagen und dem Erwirtschaften einer nachhaltigen, aber auch attraktiven Rendite“, so Peiner.
Kritik äußert auch Hennig: „Für die Zukunft im Bankensektor mit der Eigenkapitalhinterlegung für Infrastruktur-Investments sieht der Weg leider Gottes nicht sehr positiv aus, weil höchstwahrscheinlich höhere Eigenkapitalquoten oder -hinterlegungen erfolgen müssen, als es bisher der Fall war.“ Positiv sei aber bspw. die in der Schweiz eingeführte eigenständige Maximalquote von 10% für Infrastruktur-Investments, welche nicht mehr auf Investitionen in Alternative Investments angerechnet wird (in gewisser Weise kennen wir etwas Analoges auf Investorenseite mit der von Ulf Steenken vom FM NRW für berufsständische Versorgungswerke eingeführten Infra-Quote).
Debt-Spezialist Fuchs zur Regulierung: „Das Thema ist lokal sehr unterschiedlich und im Zusammenhang mit der jeweils handelnden Regierung zu sehen. Generell gibt es aber global den Trend, Anreize für zum Beispiel Investitionen in Erneuerbare Energien oder mehr Versorgungssicherheit zu schaffen.“
Was springt raus für die LPs?
Zum Schluss die Gretchenfrage: Und die Returns? Tim Becker zu Infra Equity: „Für ein aktiv gemanagtes und gut diversifiziertes institutionelles Portfolio erwarten wir einen Return von netto 10 bis 13%, davon circa 6% als Ausschüttung. Der Rest kommt durch die Steigerungen der Unternehmensbewertungen, also die Exits.“ Der Bereich Value Add, risikoreichere und eher wachstumsorientierte Strategien soll 15%+ bringen, so der Head of Infrastructure Coverage D-A-CH bei der DWS. Super Core befinde sich in einem stärkeren Wettbewerb zu Private Debt mit einem erwarteten Return von 5,5 bis 6%. Hennig sieht Nachfrage im Core und Core+ Bereich – mehr als bei Value Add – und hat eine Return-Erwartung von 10% plus.
Auf der Fremdkapitalseite im höherverzinslichen Bereich sieht man Renditen von um die 10%. „Die Renditen sind für viele Investoren extrem interessant und machen fast schon Eigenkapital Konkurrenz“, betont Fuchs.
Einen zurückhaltenderen Blick auf die Renditen sieht man bei Sienna Investment Managers. Ronald Gaultier, dort Deputy Head Sustainable Infrastructure Debt Funds, kalkuliert mit einem hohen einstelligen Ertrag. „Bei institutionellen Anlegern liegt der Schwerpunkt auf stabilen Cashflows und Widerstandsfähigkeit. In einer Welt, die sich in einem tiefgreifenden Wandel befindet, war die Investition in nachhaltige Vermögenswerte noch nie so wichtig wie heute“, erläutert Gaultier. „Dies erreicht man über einen reinen, auf Renewable Energy-Infrastruktur fokussierten Ansatz. Ziel ist es, ein Premium auf der Renditeseite mit einem Risiko zu erzielen, welches geringer ist, als man es für diese Rendite erwarten würde.“ Seit Beginn der Strategie im Jahr 2015 habe man keinen Ausfall erlitten.
Wermutstropfen: Hinsichtlich Renditen und Return-Erwartungen sieht Peiner das Problem, dass unterm Strich die Bezahlbarkeit für die Gesellschaft weiterhin gegeben sein muss. Ansonsten fürchtet sie neue regulatorische Interventionen, welche vom Markt wieder negativ bewertet werden.
Fazit: Auch Infrastruktur ist nicht unverwundbar. Regulatorik – Return-Erwartungen – Bezahlbarkeit – Regulatorik … irgendwo gibt es immer eine Katze, die sich in den Schwanz beisst.
Das zu einer der heutigen Zwischenheads anregende Kulturstück, satte 30 Jahre alt, findet sich hier.