Aber trotzdem Vorsicht an der Bahnsteigkante? GP-led Secondaries verzeichnen derzeit rasantes Wachstum. Gründe: vor allem der Rückgang der Bewertungsmultiplikatoren der Unternehmen in den Portfolios der GPs sowie das schwierige Exit-Umfeld. Besonders beliebt: Continuation Funds, bei welchen Unternehmen aus bestehenden Portfolios der GPs in neue Fonds übertragen werden. Denn wer trennt sich schon gerne von den wertvollsten Assets, zudem wenn oft noch erhebliches Potenzial besteht? Häufig landen hier also die Perlen der GPs – aber längst nicht immer.
Während der Exit-Markt seit dem Jahr 2021 schrumpft und Secondary-Transaktionen insgesamt gefragt sind, bspw. Ardian hier gerade 30 Mrd. US-Dollar eingesammelt hat, verzeichneten explizit die GP-led Secondaries im Jahr 2024 einen neuen Allzeitrekord, so die Feststellung der aktuellen Analyst Note von PitchBook (hier im Ticker schon kurz vermeldet worden). Deren Exit Value könnte auf das Gesamtjahr gerechnet 50 bis 60 Mrd. US-Dollar erreichen, so die Note, publiziert kurz vor Jahresende. Beobachtet wurden ferner:
- Verdopplung des Gesamtwertes der von den GPs initiierten Secondary-Transaktionen innerhalb der letzten fünf Jahre (2020: 22,6 Mrd. US-Dollar; 2024 per Ende Oktober: 47,3 Mrd. US-Dollar)
- Anstieg der Anzahl an Transaktionen von 16 im Jahr 2020 auf bereits 89 per Ende Oktober 2024
Quelle: PitchBook; Region: global; Ende Oktober 2024: Grafik zur Volldarstellung anklicken.
Auch der prozentuale Anteil der GP-led Secondaries am globalen Exit-Markt befindet sich laut PitchBook im Steigflug:
- auf Basis der Bewertungen Anstieg der Quote innerhalb der letzten fünf Jahre von 2,7% auf 7,1%
- nach Anzahl der Transaktionen im gleichen Zeitraum Anstieg von 0,6% auf nun 3,8%.
Quelle: PitchBook; Region: global; Ende Oktober 2024: Grafik zur Volldarstellung anklicken.
Aber: verschiede Datensammler, verschiedene Zahlen – wie in der komplexen Welt des Institutionellen fast überall anzutreffen. Jedenfalls kommt Preqin zu etwas anderen Zahlen für 2024 (mglw. Abgrenzungsfragen) – und zeichnet den Trend zu Single-Asset nach:
Quelle: Preqin: Grafik zur Volldarstellung anklicken.
Besser mal behalten
Innerhalb der letzten zwei Jahre sind die Bewertungsmultiples der Portfoliounternehmen aufgrund des Anstiegs des Discountfaktors um 20% bis 30% eingebrochen. Folge: So manche GPs möchten ihre „most prized Assets“ in dieser Phase nicht verkaufen und übertragen sie in Continuation Funds.
Die eingangs erwähnte französische Ardian hat übriges Anfang Januar ebenfalls ihren ersten Conti-Fonds geclosed, als Single-Asset rund um den Kühlungsenergiedienstleister Syclef. Zum Volumen wurden keine Angaben gemacht.
Auch Detlef Mackewicz von Mackewicz & Partner, der die Secondary-Entwicklungen bereits seit der Finanzkrise aufmerksam verfolgt, kann konstatieren, dass Continuation Funds für GPs zu einer beliebten Möglichkeit geworden sind, Unternehmen länger zu halten, anstatt sie in den Exit zu geben.

Wie die Secondaries, die zwischen zwei Investoren abgewickelt werden, weichen auch die GP-Led-Secondaries, also vor allem die Continuation Funds, vom traditionellen Private Equity-Modell ab, erläutert der Experte gegenüber der Redaktion, und zwar „indem diese es den Investoren ermöglichen, Vermögenswerte über die typische Laufzeit des PE-Fonds hinaus zu halten und sie statt an Dritte an einen neu gegründeten, eigenen Fonds zu verkaufen,“ so Mackewicz weiter. „Die Investoren des eigentlichen PE-Fonds haben also die Option, sich entweder auszahlen zu lassen oder ihre Anteile auf den neu gebildeten Continuation Fund zu übertragen.“
Continuation Funds als Trophäensammler?
Im Verlauf der letzten fünf Jahre waren über 50% der GP-Led Secondary Exits bereits für fünf bis sieben Jahre im Portfoliobestand, dem Zeitraum, in welchem generell die meisten Ausschüttungen realisiert werden. Besonders die besten Anlagen ihrer Klasse, die Trophäen mit weiterem Aufwärtspotenzial, werden oft in Continuation Funds1) übertragen.
Dafür spricht laut PitchBook die durchschnittliche Größe der Exits (Zeitraum: 2018 bis Q3 2024), welche übertragen wurden:
- Durchschnitt: GP-led Secondary Exit Value 838 Mio. US-Dollar vs. allgemeines PE Exit Value von 699 Mio. US-Dollar
- Median: GP-led Secondary Exit Value 500 Mio. US-Dollar vs. allgemeines PE Exit Value von 218 Mio. US-Dollar
Zitat von Pitchbook-Analyst Nicolas Moura: „Assets exited to CVs tend to be larger because a) the GP has usually grown their valuations over several years and b) they tend to be the crown jewel assets of the portfolios.“
Regionale Schwerpunkte sind die auf den Private Markets üblichen: Nordamerika dominiert mit 52,6% nach Anzahl und 53,8% nach Bewertung der GP-led Secondaries. Auf dem zweiten Platz mit ca. 38% sowohl nach Anzahl als auch nach Bewertung: Europa.
Verkäufer und Käufer in Personalunion
Zur eingangs erwähnten Bahnsteigkante: Mackewicz macht deutlich darauf aufmerksam, dass Continuation Funds immer auch Interessenkonflikte bergen. So beobachtet er z.B. dass die bestehenden Investoren der ursprünglichen Fonds die Möglichkeit, ihre Anteile auf den neu gebildeten Continuation Fund (der ja vom gleichen Private Equity-Unternehmen verwaltet wird, mit dem man über Jahre hinweg eine Beziehung aufgebaut hat) zu übertragen, oft ablehnen.
Gründe hierfür: Die Investoren wollen die Exit-Erlöse oft nicht re-investieren, weil entwederZweifel an der Bewertung der Vermögenswerte aufkommen (der GP ist ja Verkäufer und Käufer zugleich) oder eine Re-Investition in den Continuation Fund die Diversifikationsregeln verletzen und das Klumpenrisiko im Portfolio erhöhen würde, erläutert der Münchener Alternatives-Experte gegenüber ALTERNATIVES●INDUSTRIES. Außerdem, so Mackewicz weiter, sind es keinesfalls immer nur Kronjuwelen, die in diese Fonds ausgelagert werden. Sondern auch schlechtere Portfoliounternehmen, für die sich beim besten Willen kein adäquater Exit gestalten lässt, können durchaus ihren Weg in Continuation Funds finden.
Und die Secondaries im Allgemeinen?
Egal ob GP-Led oder nicht: Wie im Sommer dieses Jahres bereits von ALTERNATIVES●INDUSTRIES berichtet, wächst der Gesamtmarkt für Secondaries auch insgesamt rasant.
Ausgehend von 500 Mrd. US-Dollar im Jahr 2022 werden von PitchBook ca. 700 Mrd. US-Dollar für 2028 erwartet. PitchBooks konservative Schätzung für GP-led Secondaries: circa 10% des Gesamtmarktes, also 70 Mrd. US-Dollar. Bei Fortsetzung des derzeitigen Momentums wären laut PitchBook auch 15% Marktanteil in 2028 (105 Mrd. US-Dollar) möglich.
Passend dazu vermeldet PitchBook, dass Secondary Funds einen immer größeren Anteil am gesamten Private Market Fundraising haben. Per Anfang Dezember dieses Jahres: Alltime-High mit mehr als 100 Mrd. US-Dollar und bereits 9,5% Anteil am Fundraising über alle Private Market-Strategien.
Quelle: PitchBook data; 5. Dezember 2024: Grafik zur Volldarstellung anklicken.
Aber es gilt ebenso: Der Aufstieg der Secondaries ist nicht zuletzt auch ein klares Indiz für den aufgestauten Liquiditätsbedarf der LPs. Und für Investoren gilt bei Continuation Fonds: Wer sicher sein will, dass Kronjuwelen wirklich Kronjuwelen sind, der lege sein besonderes Augenmerk auf das, was ohnehin nie vernachlässig werden sollte: die Due Dilligence.
FN 1) Übrigens würde der traditionell schreibfaule Herausgeber von ALTERNATIVES●INDUSTRIES für die Continuation Funds gern die Kurzform „Contis“ etablieren.