… in der Gunst der deutschen Infrastruktur-Investoren. PENSIONS●INDUSTRIES/ ALTERNATIVES●INDUSTRIES hat jüngst gemeinsam mit Energy Infrastructure Partners eine Umfrage unter Pensionsinvestoren unternommen. Die Ergebnisse sind aufschlussreich; einige Präferenzen der Anleger treten überdeutlich hervor, ebenso wie Forderungen der Anleger an die Politik. Und einer der Teilnehmer wirft für Deutschland einen Gedanken auf, dem man eine gewisse Faszination nicht absprechen kann – immerhin geht es um zwei Jahrhundertaufgaben und eine Lösung.
Alle wissen es: Der weltweite Investitionsbedarf in die Infrastruktur geht in die Billionen – und zwar jährlich, Tendenz steigend. Ebenso klar ist: ohne institutionelle Investitionen geht hier wenig. Grund genug, deren Haltung zu ermitteln.
Einer der wichtigsten Sektoren hier: Energiesicherheit. Insbesondere angesichts ehrgeiziger Klimaschutzziele erfordert die dafür notwendige Energy Transition massive Investitionen. Institutionellen Anlegern kommt auch hier eine Schlüsselrolle zu.
Eine von Energy Infrastructure Partners in Zusammenarbeit mit PENSIONS●INDUSTRIESin der Leserschaft im Frühjahr durchgeführte Umfrage mit 50 institutionellen Pensionsinvestoren über Infrastruktur-Investitionen im Zuge des nachhaltigen Umbaus des Energiesektors zeigt bemerkenswerte Ergebnisse. Eines lautet:
Viele Institutionelle sehen sich in dem Segment noch zu wenig präsent, wollen ihr Engagement aber ausbauen – zumal die Politik entsprechende Rahmenbedingungen verbessern will, wie der aktuelle BMF-Diskussionsentwurf zur Förderung von Investitionen von Fonds in erneuerbare Energien und Infrastruktur zeigt.
Die Größenordnungen und …
Fest steht: Das Potenzial ist gewaltig. Ein McKinsey-Report vom Januar hat ermittelt, dass die globalen, jährlichen Investitionen im Energiesektor von heute 1,5 Bio. US-Dollar auf 2,0 bis 3,2 Bio. US-Dollar im Jahre 2040 steigen dürften, entsprechend einem Wachstum zwischen 35 und 120%.
Quelle: EIP. Grafik zur Volldarstellung anklicken.
Basierend auf aktuellen Angaben des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr nennt eine aktuelle Studie der Union Investment nur für die deutsche Energieinfrastruktur einen geschätzten Investitionsbedarf aufgrund der Energiewende bei On- und Offshore-Anlagen von bis zu 270 Mrd. Euro bis 2037.
… die Haltung der Investoren
Der Bedarf ist also unstrittig. Doch was sagen die Investoren? In den letzten Jahren ist das Interesse an Infrastruktur-Investments – relativ krisenfest und guter Inflations-Hedge – stetig gestiegen. Ungeachtet des enormen Potenzials sehen viele institutionelle Anleger in diesem Sektor offenbar noch Luft nach oben.
Michael Hennig, Head of Client Solutions Germany bei EIP, betont: „Angesichts des gewaltigen Dimensionen sehen sich die von uns befragten institutionellen Anleger selbst (noch) zu wenig engagiert bei Infrastruktur-Investments. Bei 78% macht dieser Anteil unter einem Zehntel im Portfolio aus, bei 63% sind es sogar weniger als 5%.“
Die Ergebnisse: Differenziertes Meinungsbild zwischen Wirklichkeit und Wunsch
Geht es um Infrastruktur-Investitionen, bleibt die Politik in Deutschland wie in der EU gefordert, insb. mit Blick auf Regularien und Impulsen für den Markt. Das spiegelt sich auch im Meinungsbild der Umfrage.
Dabei reichen die Wünsche von einer „Entschlackung der Bürokratie“ über „weniger Regularien“ bis zu mehr „Anreize schaffen“. Auch Forderungen nach „langfristiger Planungssicherheit“, „stabilen Rahmenbedingungen“ und „klaren Verantwortlichkeiten“ werden geäußert.Quelle: EIP. Grafik zur Volldarstellung anklicken.
Auch den Investoren ist durch die Bank klar: Ohne (ihr) institutionelles Geld wird es aus dem Investitionsstau keinen Exit geben. Und damit gilt mit Blick auf die deutsche Investorenlandschaft zwangsläufig auch: Ohne Pensionseinrichtungen wird es nicht genügend institutionelles Geld geben. Doch der Reihe nach:
Ausgewählte Umfrageergebnisse im Überblick: Wer teilgenommen hat …
Sektoren und verwaltetes Vermögen: 61% der Befragten sind in Versorgungseinrichtungen tätig, gefolgt von Versicherungen (20%) und Banken (13%). Die Befragten verwalten mit Mehrheit ein Vermögen zwischen 1 und 5 Mrd. Euro (29%) bwz. zwischen 10 und 50 Mrd. Euro (27%).
… wo und wie sie bereits investieren …
Investitionspräferenzen: Bei knapp einem Drittel der Investoren machen die illiquiden Anlagen bereits über 30% des Gesamtportfolios aus. Bereits in Infrastruktur investiert sind 78% der Befragten. Mit Blick auf die nächsten drei Jahre bleiben Energy Transition 83% sowie Anlagechancen rund um die Energiewende 74% am stärksten gesucht.
Investitionsstrategien: Die Mehrheit bevorzugt Investitionen in Singlefonds (62%) gefolgt von Dachfonds (36%) und Co-Investments (28%). Daran soll sich den Aussagen zufolge auch künftig wenig ändern.
… und was sie sagen
Pläne 2024: Institutionelle Investoren sehen sich selbst in diesem Segment gerade angesichts des Wertschöpfungspotenzials unterallokiert. 76% der Befragten wollten sich noch in diesem Jahr hier stärker engagieren, mehr als in jedem anderen Segment – zumal der Zeithorizont derartiger Konzepte mit langfristigen Liquiditätsverpflichtungen von institutionellen Investoren, bspw. mit Versorgungszusagen, gut korreliert.Quelle: EIP. Grafik zur Volldarstellung anklicken.
Renditeerwartungen: Genau die Hälfte der Befragten hat eine Gesamtrenditeerwartung von 6 bis 8%. Bei über einem Drittel (38%) liegt der IRR-Erwartungskorridor zwischen 8 und 10%. Knapp jeder Achte (13%) strebt mit seinen Infrastrukturengagements eine Rendite von über IRR über 10% an.
Langfristigkeit: Die Befragten bevorzugen Laufzeiten von 10 bis 15 Jahren (47%), sichtlich weniger zwischen 15 und 20 Jahren (21%) oder zwischen 5 und 10 Jahren (23%).
ESG-Relevanz: Die Umfrage zeigt, dass ESG-Faktoren für mehr als die Hälfte der Befragten mindestens wichtig sind. Allerdings halten nur 16% dies für investitionsentscheidend.
Regulatorik: Fast die Hälfte der Befragten (48%) befürwortet hierzulande eine eigene Quote des Regulators für Infrastruktur für regulierte Investoren – also etwas, das für berufsständische Versorgungswerke in NRW existiert und bei Pensionskassen auf der gesetzgeberischen Tagesordnung steht.
Daniel Sayar, Senior Sales Director Client Solutions Germany bei EIP, erklärt: „Die gute Nachricht ist: Die Umfrage zeigt, dass ein immenser Kapitalbedarf auf die Bereitschaft institutioneller Investoren für weitere Investitionen trifft. Eine regulatorische Extra-Quote für Infrastruktur bzw. gesetzliche Förderungsimpulse für entsprechende Fonds dürften dieses Engagement noch beflügeln. Insofern ist der aktuelle Referentenentwurf des BRSG II, der u.a. eine 5%-Quote für Infrastrukturinvestitionen vorsieht, ein positives Zeichen.“
Fazit: Vorteile bündeln – Infrastruktur-Investments als Stabilitätsanker
EbAV sind Sozialeinrichtungen und müssen Renten zahlen können. Sind institutionelle Anleger mit Infrastruktur-Investitionen in der Lage, besser ihre Renditen zu realisieren sowie hinsichtlich Langfristigkeit, Nachhaltigkeit und Resilienz aufgrund stärkerer Diversifikation ihrer Portfolios verantwortungsvoll zu agieren?
Grundsätzlich dürfte man das bejahen, hängt aber im Einzelfall von der Professionalität des Vorgehens ab. Jedenfalls dürften der Energiebedarf und damit auch die notwendige Infrastruktur weitgehend krisenresistent sein und so jedem Portfolio per se eine gewisse Stabilität verleihen. Das ist in geopolitisch unruhigen Zeiten wie ökonomisch wechselhaften Szenarien offenkundig ein bleibendes Anlagekriterium.
Doch die Politik bleibt gefordert, attraktive(re) Rahmenbedingungen und Anreize für nachhaltige Investitionen zu schaffen. Denn dank ihrer finanziellen Potenz können institutionelle Investoren gezielt dazu beitragen, die Energy Transition voranzutreiben – und so auch Klimaziele erreichbarer scheinen zu lassen.
Aus zwei Jahrhundertaufgaben eine Lösung machen?
Zum Schluss: Einer der Investoren wirft in der Kommentarfunktion der Studie für Deutschland einen Gedanken auf, der zwei Jahrhundertaufgaben miteinander verknüpft. Unter Verweis auf Frage der nachhaltigen Finanzierbarkeit der gesetzlichen Renten stößt der Investor den Gedanken eines „Fundings der deutschen Rentenversicherung durch Investition in Infrastruktur und Innovation“ an.
Wer eine bessere Idee hat für die beiden Jahrhundertaufgaben, der nenne sie!
Denkt man den Gedanken weiter, wird direkt klar, dass es sich hier wahrhaftig um eine gigantische Reform handeln würde, deren politische, finanzielle, rechtliche und technische Einzelheiten – seien es die kleinen oder die großen – Stand heute völlig unklar sind. Eine solcher Systemumbau wäre eine veritable Großbaustelle für Wissenschaft, Branchen und Gesetzgeber – doch wer eine bessere Idee hat für die beiden Jahrhundertaufgaben, der nenne sie!
Wie dem auch sei, angesichts der katastrophalen Perspektive der GRV (und nicht zuletzt angesichts der der ersten Schritte einer Real Asset-bezogenen Mini-Ausfinanzierung) einerseits und der in der GRV wie in der Infrastruktur gleichermaßen in Rede stehenden Größenordnungen andererseits ist der Gedanke viel zu bemerkenswert, als dass er in der Versenkung verschwinden darf.
Denn: Wäre die komplementäre Verknüpfung dieser beiden Themen für Deutschland möglicherweise ein Weg, gleich zwei unauflösbar scheinende Jahrhundertaufgaben – die des reinen, völlig überdehnten Umlagesystems und die des täglich gigantischer werdenden Investitionsstaus in der Infrastruktur – einer integrierten Lösung zuzuführen? Zumindest weiterverfolgen sollte Deutschland diesen Gedanken!
Daher an alle Hochschullehrer unseres Parketts, die hier mitlesen – wenn Sie Themen suchen, um Doktorarbeiten zu vergeben: Mit der Frage nach einer Machbarkeit der Verknüpfung der maroden deutschen Rentenversicherung und dem gigantischen Investitionsstau in der Infrastruktur haben Sie eine wohl faktisch unerschöpfliche Quelle hierfür!
Die vollständige Studie
Wie seinerzeit annonciert, kann jeder Investor, der an der Umfrage teilgenommen hat, unter Redaktion@PENSIONS.INDUSTRIES oder Redaktion@ALTERNATIVES.INDUSTRIES die Studie formlos anfordern (bitte nur diejenigen, die auch teilgenommen haben; ein Tracking erfolgte hier allerdings nicht). Ansonsten wenden sich Interessierte gern direkt an die Studienautoren der Energy Infrastructure Partners (Michael.Hennig@energy-infrastructure-partners.lu).
Know how zu dem Komplex der Energie-Infrastruktur
Infrastruktur ist ein komplexes Thema, und so ist es die Energieversorgung. In diesem Zusammenhang sei auf das kommende Webinar „Quo vadis, Energieinfrastruktur?“ verwiesen, das Energy Infrastructure Partners am 6. November in Kooperation mit PENSIONS●INDUSTRIES / ALTERNATIVES●INDUSTRIES abhält und in dem so manche technische und politische Fachfragen aus der Sicht institutioneller Investoren diskutiert wird.