Praktisch alle Staaten Europa sind bemüht, ihre in den letzten Jahrzehnten aufgelaufenen Defizite vor allem in der Infrastruktur nun aufzuholen, vorneweg Deutschland. Doch während hierzulande eine Verknüpfung von bAV, Plan Assets und Alternatives zumindest derzeit nur randständig behandelt wird, gehen die ohnehin Pensions-affineren Briten exakt diesen Weg – längst nicht zum ersten Mal übrigens.
In Großbritannien nimmt die Strategie, insb. Pensions-Gelder zu mobilisieren, um diese in Private Markets, namentlich Infrastruktur zu lenken, weiter Fahrt auf: Die britische Regierung hat just eine Vereinbarung vermel det, derzufolge bis zu 50 Mrd. Sterling an Investitionen in britische Unternehmen und große Infrastrukturprojekte durch Großbritanniens größten Pensionsfonds freigesetzt werden sollen.
Am Rande: In UK laufen solche Vereinbarungen zwischen Regierung und Institutionellen zur Lenkung von privaten Investitionen in bestimmte Sektoren seit 1985 unter dem Terminus „Mansion House Accord“ (genannte nach dem Mansion-Regierungsgebäude in London, in dem die damalige Thatcher-Regierung mit Institutionellen eine Vereinbarung schloss, die seinerzeitige Privatisierung zu stemmen. Das Haus ist der Amtssitz des „Lord Mayor of the City of London“, wohlgemerkt: der City, also nicht der des Bürgermeisters von London).
Kein kleines Geld
Zurück in die Gegenwart: Siebzehn Manager von Pensionsgeldern, die rund 90% der britischen DC-Assets verwalten, verpflichten sich nun, bis 2030 10% dieser Assets so zu investieren, dass diese die Wirtschaft ankurbeln: Infrastruktur, Immobilien und Private Equity. Mindestens 5% werden UK-gebunden sein, wodurch bis 2030 voraussichtlich 25 Mrd. Sterling in die britische Wirtschaft investiert werden sollen. Einige Pensionsfonds sollen bereits angedeutet haben, dass sie über die im Mansion House Accord vereinbarten Ziele hinausgehen wollen.
Ziele der Regierung: Mehr clean Energy, mehr Energiesicherheit sowie mehr Wachstumsfinanzierungen für Großbritanniens Wissenschafts- und Tech-Unternehmen. Auch die Berechtigten soll hiervon profitieren. Die Regierung nennt hier stets Australien mit seinen Super-Annuations als Vorbild.
Als Unterzeichner nennt die britische Regierung: Aegon, Aon, Aviva, Legal & General, LifeSight, M&G, Mercer, Natwest Cushon, Nest, NOW: Pensions, Phoenix Group, Royal London, Smart Pension, The People’s Pension, SEI, TPT Retirement Solutions und das Universities Superannuation Scheme (USS). Diese haben eine Größenordnung von 252 Mrd. Sterling angegeben, die unter die Vereinbarung fällt. Bis 2030 könnte dieser Betrag auf rund 740 Mrd. Sterling ansteigen.
Britisches Gesamtpaket einer Gesamstrategie
Die Vereinbarung reiht sich ein in mehrere Maßnahmen der britischen Regierung, die heimischen Private Markets unter dem Motto „Plan for Change“ neu aufzustellen: Im Dezember 2024 verlautbarte die Regierung eine Strategie, über zahlreiche Merger die ihrer Meinung nach zersplitterte britische Pensionsfonds-Landschaft zu schlagkräftigen Einheiten zusammenzuführen – und das klar mit dem Ziel, dass diese zu mehr Investitionen in heimische Infrastruktur in der Lage sein werden.
„When it comes to Pensions, Size matters.“
Im April kündigte die Regierung an, dass der Schwellenwert, ab dem ein Alternatives Manager der vollen Regulierung unterworfen wird, von 100 Mio. Pfund AuM auf 5 Mrd. Pfund angehoben werde.
Torsten Bell, Minister for Pensions, kommentierte die Maßnahmenpakete jüngst: „Our economic Strategy is about delivering real Change, not tinkering around the Edges. When it comes to Pensions, Size matters, so our Plans will double the Number of £25 billion plus Megafunds. These reforms will mean bigger, better Pension Schemes, delivering a better Retirement for Millions and high Investment in Britain.“

Übrigens kann Bell auch an der DB-Front-Verbesserungen vermelden: So sind die Funding Levels der britischen DB-Schemes auf ATH. Dreiviertel von ihnen sind im Surplus. 2019 waren nur 600 DB-Schemes ausreichend finanziert, 2024 hatte sich diese Zahl auf über 1.800 verdreifacht. Die Nachschüsse der Träger – in UK muss ausfinanziert sein – sind von 16 Mrd. 2010 auf unter 5 Mrd. Sterling 2024 zurückgegangen. Das Gesamtdefizit schmolz von von 500 Mrd. 2019 auf 140 Mrd. Sterling 2024. Bell kündigte an, das Träger künftig leichter auf Surplusses zugreifen werden können.
Insgesamt könnte man bei der britischen Strategie von einer konzertierten Aktion sprechen, nennen wir es mal „Public Pension Private Partnership“, die Schule machen könnte, eher sollte.Auch Deutschland ist bekanntlich derzeit redlich bemüht, seine infrastrukturellen Defizite endlich anzufassen. Genau hier ist die A●I-Redaktion skeptisch ob irgendeines Erfolges. Abseits der neuen Infra-Quote in der AnlV ist von einer Verknüpfung mit der bAV hierzulande noch nichts zu sehen. Abwarten, ob man auf diesen Trichter noch kommt; vermutlich eher nicht. Ob die britische Strategie mehr Erfolg haben wird – man wird sehen. Aber die Richtung scheint zu stimmen. Jedenfalls hat die Allianz gestern mit Inbrunst vermeldet: „Mit Investition deutscher Vorsorgesparer: Londons Abwassertunnel ist fertig“. Die Investition deutscher Vorsorgesparer in die britische Infrastruktur beträgt übrigens 5,4 Mrd. Euro.