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Rentenreform im britischen Pensionswesen:

Mega-Merger macht Mega-Manager?

Und Alternatives Ahoi? Während in Deutschland eine kleine Rentenreform infolge des Platzens der Koalition auf Eis liegt, scheint sich in Großbritannien eine umso größere anzubahnen. Diese soll enorme Effizienzen heben und den Pensionseinrichtungen das Tor zu den Private Markets weite(er) aufstoßen, besonders zu einem bestimmten Sektor. Doch Fragen bleiben.

Bahnt sich in Großbritannien die größte Rentenreformen seit Jahrzehnten an? Jedenfalls plant die linksliberale Labour-Regierung offenbar, massiv in die Strukturen des britischen Pensionswesens der über 6 Mio. öffentlich Bediensteten (einschl. Rentner und Ehemalige) einzugreifen – nämlich die Assets der 86 verschiedenen DB-Versorgungswerke der kommunalen Verwaltungen, die sog. „Local Government Pension Schemes LGPS“, in acht Einheiten zusammenführen.

City, Blick von Southwark. Foto: Baz.

Die besagten 86 Fonds – quer durchs Land von den Shetlands, der Merseyside und Lancashire über Cornwall und East Sussex bis nach Kensington und Southwark lokalisiert – verwalten derzeit insgesamt gut 360 Mrd. Pfund. Doch projiziert die Regierung für 2030 AuM von rund 500 Mrd. Pfund (einschließlich von Multi-Employer-DC-Systemen, die man übrigens gleich mitanfassen will, 1,3 Bio. Pfund).

Die Änderungen in dem rein leistungsorientierten System der 86 Fonds – von Leichtgewichten mit 300 Mio. Pfund bis zu Bilanzmaschinen mit 30 Mrd. Pfund Kampfgewicht – könnten, so die Pläne der Regierung, Investitionen in Höhe von rund 80 Mrd. Pfund Sterling freisetzen – für Infrastrukturprojekte und zukunftsfähige Unternehmen; O-Ton der Regierung: „exciting new Businesses“. Die britische Finanzministerin Rachel Reeves sprach von der „größten Rentenreform seit Jahrzehnten“. Die Reform soll im kommenden Jahr durch ein neues Rentengesetz, ein sog. „Pension Schemes Bill“ eingeführt werden.

Je größer, je mehr Alternatives?

Die Regierung will festgestellt haben, dass Pensionsfonds genau dann beginnen, bessere Renditen zu erzielen, wenn die Volumen ihrer Assets zwischen 25 und 50 Mrd. Pfund erreichen; bei noch größeren Fonds sollen sich die Vorteile besonders in der Asset-Klasse der Infrastruktur zeigen (am Rande: interessante These; dieser Einschätzung zufolge dürfte also in Deutschland neben BVK, BVV und VBL kaum eine EbAV wirtschaftlich effizient investieren). Namentlich die Universen der Private Markets sollen so besser investierbar sein, erhofft sich die Regierung, die außerdem auf Strukturen in Australien und Kanada verweist, wo große Pensionsfonds ihr Kampfgewicht nutzen, um effizienter in höherrentierliche Vermögenswerte zu investieren, namentlich in die nun ins Auge gefassten Alternatives (das Analysehaus PitchBook hat sich übrigens zwischenzeitlich in London umgehört, und die einschlägigen Private Markets-Akteure bewerten das Vorhaben wenig überraschend sehr positiv).

Trotzdem lokal?

Eine Gruppe von solchen Megafonds will natürlich reguliert und beaufsichtigt sein. Es heißt daher von Regierungsseite, dass diese Megafonds „strenge Standards erfüllen müssen, um sicherzustellen, dass sie für die Sparer erfolgreich sind, und bspw. von der Financial Conduct Authority zugelassen werden.“

Trotz Zentralisierung soll das Ganze aber dann doch irgendwie lokal verwurzelt bleiben, so die Pläne, und das auch Asset-seitig. Die Regierung schreibt jedenfalls:

Local economies will be boosted by the changes as each Administering Authority will be required to specify a target for the pool’s investment in their local economy, working in partnership with Local and Mayoral Combined Authorities to identify the best opportunities to support local growth. If each Administering Authority were to set a 5% target, that would secure £20 billion of investment in local communities.“

Ist denn big wirklich so beautiful

Die Pläne der britischen Regierung sind ambitioniert, und ihre Stoßrichtung ist klar: In ihrer Mitteilung findet sich das Wort „Infrastructure“ nicht weniger als zwölf Mal. Überhaupt kann man unterstreichen: Effizienz ist gut, und der Abbau von Doppelstrukturen auch.

Foto: Baz.

Doch mit Verlaub, Fragen bleiben: Ob bei einem Volumen von 500 Mrd. Pfund im Jahr 2030 wirklich 80 Mrd. Pfund mehr in die bevorzugten Asset-Klassen geleitet werden können, muss sich erst zeigen. Es ist auch nicht automatisch ausgemacht, dass größere Einheiten stets besser gemanagt sind als kleine. Das Leben lehrt, dass – egal wo – nicht selten das Gegenteil stimmt.

Und auch der Komplex Klumpenrisiko versus Diversifikation hat viele Gesichter. Wenn nicht acht Megafonds besagte 500 Mrd. Pfund managen, sondern dies weiter 86 verschiedene kleinere Einheiten tun – alle mit eigener Kapitalanlage, mit eigenen Consultants, mit eigenem Overlay, eigenem Risikomanagement und eigener Compliance etc. etc. – dann ist auch das immer ein zusätzlicher Aspekt der Diversifikation. Megafonds sind immer auch in gewisser Weise ihr ganz eigenes Klumpenrisiko.

Und schließlich bleibt abzuwarten, ob die britischen Regierung das Projekt – und sich selbst – auch wirklich über die Ziellinie bringen wird. Die politischen Nachrichten aus Großbritannien sind derzeit – gelinde gesagt – nicht durch die Bank positiv, und das Beispiel Deutschland hat gezeigt, dass eine Regierung auch kurz vor dem Ziel scheitern kann.