Für die Befürworter rettet er den Planeten, Kritiker sprechen von Flatterstrom. Doch fest steht, dass Deutschland mit seiner Infrastruktur enorme Energiemengen produziert – bei guten Bedingungen soviel, dass man den Abnehmern viel Geld bezahlen muss. Metzler und die Telekom haben nun eine augenscheinlich profitablere Verwendung: Bitcoin Mining. Neu ist die Idee nicht.
Die Deutsche Telekom MMS GmbH und das Bankhaus Metzler haben ein Pilotprojekt namens „Digitale Monetäre Photosynthese“ gestartet, um eine Bitcoin Mining-Infrastruktur auf Basis überschüssiger Energie zu betreiben. Das Mining soll künftig mit dem Strom aus erneuerbaren Energiequellen betrieben werden, der aufgrund mangelnder Einlieferungsmöglichkeiten in die Energienetze und/oder fehlender Speichermöglichkeiten ungenutzt bliebe. Das Pilotprojekt soll valide Felddaten und Erkenntnisse liefern, um Folgeprojekte zu planen.Mit steigender Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen erhöht sich auch der Bedarf, das Energienetz zu stabilisieren (Regelleistung), da Produktionshochzeiten bekanntlich je nach Wetterlage unregelmäßig auftreten. Insbesondere durch Photovoltaik und Windkraft entsteht zunehmend überschüssige Energie. Wie Metzler erläutert, wird diese Regelleistung durch Bitcoin-Mining bereits in anderen Ländern, u.a. in den USA und in Finnland, erfolgreich praktiziert. Mit dem Pilotprojekt soll der Prozess für Deutschland validiert werden.
Wie Metzler weiter erklärt, könnten Bitcoin Miner durch die flexible Last in Zukunft eine wichtige Rolle beim Ausgleich von Angebot und Nachfrage im Energienetz spielen. Das langfristige Ziel sei, mit den gewonnenen Daten aus dem Pilotprojekt u.a. einen Beitrag zur Stabilisierung des Energienetzes bei netzbelastenden Energieschwankungen zu leisten. Zudem könnten u.a. Windkrafterzeuger oder Photovoltaikanlagenbetreiber von dieser Technologie profitieren, die häufig vor der Herausforderung nicht planbarer Regelleistung stehen.
Mittelstand beim Mining mit an Bord
Das Hosting der Bitcoin Miner des Pilotprojektes übernimmt die Metis Solutions GmbH aus Dresden. Die Mining-Container stehen auf dem Gelände der Riva GmbH Engineering, einem Hersteller von Metall- und Glasfassaden, in Backnang. Das Unternehmen verfügt über eine eigene Stromproduktion aus einer Photovoltaikanlage.
Die Telekom MMS verweist auf ihre jahrelange Erfahrung mit Blockchain-Infrastruktur und übernimmt den Betrieb der Geräte. Gemeinsam mit Metzler werden Testläufe und die Datenauswertung definiert und analysiert. Das Bankhaus will mit dem Pilotprojekt die weiteren Möglichkeiten von Financial Services mit Digital Assets eruieren.
Strategisches Zukunftsthema
„Mit der wachsenden Anzahl erneuerbarer Energiequellen und den daraus resultierenden Schwankungen an verfügbarer Energie erhöht sich der Bedarf an schnell verfügbarer Regelleistung. Dafür benötigen wir Mechanismen, die schnell auf die Veränderungen reagieren und Schwankungen abfangen können. Mit Metzler und Riva gehen wir einen Schritt in diese Richtung, um die Regelwirkung von Bitcoin Minern im Energienetz zu testen. Überschüssige Energie wird über die Miner in digitale Werte umgewandelt. Das nennen wir digitale monetäre Photosynthese“, sagt Oliver Nyderle, Leiter Digital Trust & Web3 Infrastructure bei Deutsche Telekom MMS.
Hendrik König, Head of Digital Assets Office des Bankhauses Metzler: „Unser Ziel ist es, Erfahrungen in unterschiedlichsten Einsatzbereichen zu sammeln, um die Innovationskraft der Blockchain-Technologie in Deutschland weiter voranzutreiben. Die Blockchain-Technologie gewinnt im operativen Geschäft außerhalb der Finanzindustrie zunehmend an Bedeutung – und ein vertrauenswürdiger Finanzpartner ist beim Management von Krypto Assets unerlässlich.“
Übrigens: Ob und welche Summen man sich aus der Abnahme des überflüssigen Stroms als auch durch das Bitcoin-Mining selbst verspricht, teilten die Partner nicht mit.
Das Bankhaus Metzler hat 2022 sein Digital Assets Office (DAO) gegründet, das sich ausschließlich mit der Blockchain-Technologie und dem Digital Assets-Ökosystem befasst. Metzler nennt die Blockchain-Technologie als strategisches Zukunftsthema und und plant langfristig die Umsetzung von Blockchain-Lösungen für Kunden. König war mit Metzler bereits an dem Start des ersten syndizierten Blockchain-Bonds im Sommer durch die KfW beteiligt.
Bereits seit 2020 bietet die Telekom MMS Infrastruktur für verschiedene dezentrale Protokolle im Web3-Bereich an, darunter unter anderem Chainlink, Fetch.ai und Polygon: Seit 2023 be-treibt die Telekom auch einen Bitcoin-Knoten und weitet somit das Portfolio erstmalig mit einem Proof of Work-Netzwerk aus.