Alle Jahre wieder wirft das Thinking Ahead Institute einen Blick auf die größten Asset Owner des Planeten. Doch nach wie vor gilt bei der Liste: Trau, schau, wem bei dem Kampfgewicht. Und Ihnen, liebe Leserschaft, gehört nicht einmal mehr die Hälfte. Von Deutschland ganz zu schweigen. Der ewige Streber ist dagegen immer der gleiche. Auch wenn das nicht immer direkt sichtbar ist.
Das von WTW gegründete Thinking Ahead Institute, ein globales Forschungsnetzwerk für Investmentinnovation, hat erneut seine turnusmäßige Analyse der weltweit 100 größten Asset Owner veröffentlicht, Stand Ende 2024.
Kernergebnis Nr. 1.: Die 100 größten Asset Owner („AO100“) dieses Planeten verwalten zusammen ein Rekordvolumen von 29,3 Bio. USD, plus 11,3% zu 2023.

Kernergebnis Nr. 2: Norwegens Norges Bank Investment Management (NBIM) ist erstmals der größte Asset Owner der Welt. Mit einem verwalteten Vermögen von 1,7 Bio. USD überholt der norwegische Staatsfonds den bisherigen Langzeit-Spitzenreiter, den japanischen Government Pension Investment Fund (GPIF), der aktuell 1,6 Bio. USD auf die Waage bringt, so das Institut.
Kernergebnis Nr. 3: Pensionsfonds wachsen schwächer und verlieren an Anteil – Staatsfonds gewinnen deutlich an Bedeutung.
Indes: Aus Sicht von PENSIONS/ALTERNATIVES●INDUSTRIES ist Kernergebnis Nr. 2 als Meldung keine neue. Warum nicht? Weil der NBIM schon länger der Spitzenreiter ist. Denn: Der GPIF besteht zu einem Viertel aus heißer Luft – steht aber damit nicht allein. Dazu unten im „Fazit“ mehr; zunächst weitere Details aus der Studie:
SWF zeigen Dominanz – besonders abseits Amerikas
Die Analyse sieht eine deutliche Verschiebung in der Struktur der globalen Asset Owner. Pensionsfonds (also mit Masse Sie, liebe Leserschaft) verzeichneten 2024 nur ein moderates Wachstum von 6,5% und liegen damit deutlich hinter anderen Gruppen zurück. Ihr Anteil am gesamten AO100-Vermögen sank mit 49% erstmals unter die 50%-Marke.
Denn: Die Sovereign Wealth Funds wuchsen überdurchschnittlich um 16,7% und machen inzwischen 40,8% der gesamten AO100-Assets aus. Im Fokus: EMEA, wo sie rund 73% der Vermögensvolumen stellen. SWF spielen damit eine wachsende Rolle in strategischen Kapitalmärkten, für Infrastrukturinvestitionen und in geopolitischen Transformationsprozessen, schlussfolgern die Autoren. Ein durchschnittlicher Staatsfonds verfügt inzwischen über Vermögen von 543 Mrd. USD und liegt damit deutlich über dem Gesamtdurchschnitt von 293 Mrd. USD.
Aber: In Nordamerika dominieren weiter Pensionsfonds, die dort 70% der regionalen Assets verwalten. In der Asien-Pazifik-Region liegt ihr Anteil bei 52%.
Unser Land unter ferner liefen
Deutschland – selbst auf dem absteigenden Ast immer noch eine der stärksten Industrienationen der Welt – ist mit gerade einem einzigen Akteur in der Liste vertreten: Nach wie vor ist BVK, die Platz 70 belegt, der größte AO des Landes. Aber: Im Vorjahr schaffte sie es immerhin noch auf Platz 32, rutscht also um 38 Plätze ab; und ihr Kampfgewicht von gut 121 Mrd. Euro (übrigens in etwa entsprechend dem deutschen Steuerzuschuss zur GRV eines einzigen Jahres) erreicht nicht einmal die Hälfte der o.a. durchschnittlichen Größenordnung der SWF unter den AO100 (wenn auch die BVK natürlich kein echter Staatsfonds ist).
Wenn Sie einen tabellarischen Überblick über die AO100 wünschen: Das Private Banking Magazin hat freundlicherweise eine Liste erstellt.
Die Assets und ihre Allokation
Für die AO100 hat das Institut auch eine grobe SAA ermittelt. Ergebnis: immerhin ein gutes Viertel in Alternatives, ca. 40% Aktien, gutes Drittel in Fixed Income. Dabei sollte man berücksichtigen, dass nach Lage der Dinge „Alternatives“ u.a. Eigen- wie Fremdkapital-Assets enthalten dürfte (also PE dominierend, aber auch PD). Gerade SWF haben in jüngster Zeit ihre Engagements in PD verstärkt, wie Invesco seinerzeit ermittelt hat.
Allerdings darf man fragen, inwieweit die grobe SAA-Ermittlung über 100 gigantische, über den Globus verteilte AO dem Leser am Ende zum Erkenntnisgewinn gereicht.
Bedeutung institutioneller Cluster nimmt zu
Die AO100-Studie identifiziert zudem fünf globale Asset Owner Cluster: große Pensionsfonds in den USA („American Public Funds 7“), Kanada („Maple 8“), Europa („Euro 9“) sowie stark wachsende Fondsgruppen aus dem Golfraum („Gulf 5“) und Australien („Australian Super 6“). Diese Cluster verwalten gemeinsam rund 13 Bio. USD und prägen zunehmend Standards in Governance, Nachhaltigkeit und langfristiger Kapitalallokation.
Diesen Gruppen attestiert die Studie einen stark integrierten, holistischen Ansatz in der Portfoliosteuerung; viele von ihnen setzen verstärkt auf das Total Portfolio Approach (TPA)-Modell, das Risiken, Allokationen und Verantwortlichkeiten übergreifend steuert und so strategische Entscheidungen auf Gesamtportfolio-Ebene erleichtern soll.

„Die größten Asset Owner agieren heute in hochkomplexen Märkten, die sich durch geopolitische Unsicherheiten, veränderte Realzinsstrukturen und neue systemische Risiken auszeichnen“, erklärt Nikolaus Schmidt-Narischkin „Ein integrierter Steuerungsansatz wie der Total Portfolio Approach gewinnt deshalb massiv an Bedeutung. Er fördert Transparenz, stärkt Resilienz und verbessert die Fähigkeit, langfristige Wertschöpfung sicherzustellen“, so der Chef der Willis Towers Watson Investments GmbH weiter.
Die Frage des OCIO
Übrigens finden sich in der Liste auch zahlreiche Anbieter des OCIO (ein Konzept, das sich anschickt, auch in Deutschland mehr Verbreitung zu finden), bspw. Blackrock, Aon, WTW und vornweg Mercer auf Platz 11 mit fast 600 Mrd. USD. Jedoch: Ist ein OCIO wirklich ein Asset Owner? Möglicherweise stellen sich hier grundsätzliche Abgrenzungsfragen mit der Gefahr der Doppelerfassung von Assets (die allerdings unter den AO100 ausgeschlossen sein dürfte).
Die Autoren erklärten hierzu gegenüber der Redaktion:
„Even though they don’t own the capital in a legal sense we count them as asset owners as they act as fiduciaries and exercise discretionary control over investment decisions, including deciding which managers receive capital. So they effectively govern assets on behalf of clients.“
Übrigens zum zweiten: Auf Platz 65 findet sich mit dem auf Alternatives fokussierten AP7 ein für die hiesige Leserschaft alter Bekannter (s. die Reihe „Stockholm Live“ von Reiner Gatermann auf diesen Plattformen).
Fazit von ALTERNATIVES●INDUSTRIES: Die Sache mit der Freiheit
Zuerst zu dem Studien-Ergebnis, dass SWF v.a. in EMEA dominieren: Wer mag, der kann hier eine Korrelation mit dem Freiheits- bzw. Autoritätsgrad der verschiedenen Gesellschaften feststellen – je autoritärer, desto mehr Dominanz der Staatsfonds.
Grob kann man das vielleicht konstatieren, aber nicht durchdeklinieren auf die einzelnen Länder: Norwegen und Japan haben sicherlich keine substantiellen Freiheitsdefizite; und das Deutschland mit SWF mau aufgestellt ist, heißt noch lange nicht, als gäbe es hier keine oder wenige Mängel in Sachen Freiheit (immerhin leben wir in einem Land, in dem der Regierungs- und Parteichef jüngst erst gegenüber den laut GG unabhängigen Abgeordneten seiner Fraktion betont hat, dass man beobachte, wer wann wobei klatsche – ein international nur sehr punktuell zu beobachtendes Verhalten).
Wish you were real nicht nur in Japan …
Wie dem auch sei, wish you were real zum ersten: Jedenfalls wird die P●I-Redaktion nicht müde, darauf hinzuweisen, dass man in Sachen Kampfgewicht gerade bei dem japanischen Staatsfonds GPIF genauer hingucken muss. Denn dieser ist zu einem Gutteil nicht weniger als ein Blender. Vor gut einem Jahr erst unkte Kassandra erneut über den GPIF (wie eingangs erwähnt damals noch globaler Spitzenreiter), dass dieser zu rund einem Viertel in japanische Sovereigns „investiert“ ist.
Sehen wir also erneut genauer hin: Hier finden sich aktuelle Angaben zu seinem Asset Management.
Man siehe auf s. 111 unter „Domestic bonds holdings in order of market value“: JGB only.
Also, es bleibt dabei: Nach allem, was man weiß, hat der japanische Staat über seinen Staatsfonds weiterhin ca. 25% der GPIF-Mittel in Schulden des japanischen Staates investiert; dieser hält also via einer staatlichen Entity Schulden, die er bei sich selbst hat, als Assets: ein Nullsummenspiel, von dem selbst eine Wirecard nur träumen könnte. Entsprechend gilt weiter der alte Kassandrische Unkenruf: Ziehen Sie bei dem Kampfgewicht des GPIF 25% pauschal ab, und Sie kommen der realen Wahrheit sichtlich näher.
Übrigens hat Kassandra das erstmalig schon vor über 12 Jahren, Mitte 2013, kritisiert. Damals lag der Anteil der JGBs sogar noch bei 60%. Doch den Job, die aufzukaufen, übernimmt seit 2014 ja die BoJ höchstselbst.
… sondern auch woanders …
100 AO weltweit! Da erscheint es unwahrscheinlich, dass nur der GPIF das Spiel des Kaufs der Staatsschulden seines eigenen Dienstherrn mit dessen Geld spielt. Tipp ins Blaue: der Kanadier. Ein Blick in dessen aktuellen Annual Report genügt, um schnell zu sehen, dass auch der CPP hier wenig Berührungsängste zu haben scheint; das Engagement in den Schulden seines Dienstherrn dürfte bei ca. 15% seiner SAA liegen. Es gilt also auch hier: other Country – same -Shi … ach, Sie wissen schon.
… und in Deutschland sowieso
Wish you were real zum dritten: Nun der Blick auf Deutschland, und die regelmäßigen Leser wissen: Derartige Nullsummenspiele gab und gibt es auch hier. Seit jeher tendiert(e) die Politik hierzulande dazu, ihre ohnehin winzigen Pensionsfonds entweder mit Schulden bei sich selbst zu funden (besonders prägnant in Thüringen sowie in Rheinland-Pfalz), oder – wenn echtes Geld darin ist – sich dort zu bedienen (Schleswig-Holstein, NRW). Dass ein solches Verhalten nicht Vergangenheit ist, zeigt das Beispiel Hamburg: Der ohnehin lächerlich kleine Pensionsfonds (immerhin: man hat einen) investiert mit seinem Bantamgewicht ausschließlich in deutsch-öffentliche Anleihen.
Doch Nullsummenspiele sind das eine. Deutschland als zurückgebliebene Nation in Sachen Asset Ownership (und im Kielwasser auch in Sachen Asset Management) das andere. Sie können durch den ganzen AO100-Report gehen, Deutschland ist dort abgesehen von Platz 70 nur ein weißer Fleck. Diese Statistik des Thinking Ahead Institutes ist und bleibt wie gehabt für Deutschland nicht nur ein vorsorgepolitischer, sondern v.a. ein industriepolitischer Offenbarungseid.
So, und wer macht weiter alles richtig? Immer der gleiche Streber, der weder mit eigenen Schulden fundet und noch nicht mal heimische Assets, sondern richtigerweise nur ausländische kauft, nämlich nach wie vor der norwegische Pensionsfonds, nominal wie faktisch der mit Abstand der größte Staatsfonds der Welt – und das für gerade einmal 4,5 Mio. Menschen. Man stelle sich so einen Fonds dieser Größe für das Land Berlin vor…
Fast zum Schluss hier noch eine Anregung an das Institut: Wenn man sich die Arbeit macht, die größten AO100 zu identifizieren, wäre es nicht eine Stärkung der Informationsdichte, wenn man dabei auch untersuchte, welcher der staatlichen Akteure in Schulden bei sich selbst investiert? Man bedenke, dass so etwas bei Pensionsfonds nicht vorkommen dürfte (also dass ein Unternehmen seine Plan Assets in Schuldtitel des eigenen TU investiert). Gleichwohl: never say never, auch das wäre sicherlich ein interessanter Untersuchungsansatz.
Booster nach unten ante Portas?
Nur am Rande zum Schluss: Den Booster on top zu seinem umfassenden politischen, ökonomischen sowie sozial- und industriepolitischen Turbo-Niedergang auch im Asset Ownership erhielte dieses Land, wenn nun die Union und ihre Genossen allen Ernstes eine Verbeitragung zur Sozialversicherung auf alle sieben Einkunftsarten umsetzten – eine Maßnahme, die in ihrer harten politischen Wirkung von den Protagonisten offenbar nach wie vor völlig unterschätzt wird, ausführlich von Kassandra jüngst hier diskutiert.
Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier:














