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Deutsche Pensionsinvestoren und ihre US-Allokation in der Ära Trump (II):

American Bad Asset?

Im Zeitalter eines Donald Trump müssen institutionelle Investoren die Standortfrage ihrer Anlagen um eben den Parameter Trump erweitern. Das gilt nicht nur für notierte Assets, sondern erst recht für illiquide. AI-Autor Jochen Hägele hat bei LPs wie GPs nachgefragt und vielseitige Sichtweisen erfahren – und was eine Stadt in Südspanien mit der ganzen Sache zu tun hat. Heute Teil II seines zweiteiligen Beitrages.

Während der erste Teil des Beitrages die Thematik unter dem Gesichtspunkt der Währung und der liquiden Assets behandelt hat, geht es heute vornehmlich um die Assets der Private Markets:

Die berüchtigte Section 899: Was wäre gewesen, wenn …?

Christian Mehlinger, DHL Group.

Einer der jüngeren Trump’schen Paukenschläge: der Big Beautiful Bill Act. Die gefürchtete Section 899 ist zwar letztlich aus dem Gesetz verschwunden, im Gegenzug für die Zugeständnisse der EU bei der Mindestbesteuerung. Aber was, wenn Section 899 gekommen wäre?

„Das hätte uns schon umgetrieben“, konstatiert Christian Mehlinger, „aber die USA hätten sich damit auch ins eigene Fleisch geschnitten.“ Bei Aktien hätte man sich etwa überlegen können, ob man statt physischer Engagements synthetische Replikationen vornimmt, um so die Steuer zu vermeiden.

Bei bestehenden Privatmarkt-Investments hätte man es zähneknirschend hinnehmen müssen, wohingegen künftige Privatmarkt-Investments auf den Prüfstand gekommen wären, so der Head of Group Pensions bei der DHL Group.

Werner Schneider, Soka-BAU.

Die regulatorische Unsicherheit spielt auch für die Soka-BAU insb. für langfristige Anlagen eine wichtige Rolle, wie Anlagevorstand Werner Schneider erläutert: „Wir sind für die USA als Qualified Foreign Pension Fund, QFPF, also als qualifizierte ausländische Pensionskasse steuerbefreit, und es war kurzzeitig unklar, wie sich dies in Verbindung mit Section 899 ändern würde.“ Man müsse akzeptieren, dass sich die Vorhersehbarkeit von regulatorischen Anpassungen unter der aktuellen US-Regierung verändert habe: „Wir beobachten die Entwicklungen fortlaufend intensiv und diskutieren diese intern. Auf jede Schlagzeile zu reagieren, halten wir allerdings nicht für zielführend“, so Schneider.

Bei illiquiden Anlagen droht Geiselhaft

Die langfristigen politischen Risiken rücken gerade bei illiquiden Assets stark in den Fokus der Investoren“, beobachtet Thorsten Wellein, Portfoliomanager der Faros Consulting. Und das ist nur logisch, liefern sich Anleger doch auf lange Zeit nicht nur einer Marktdynamik und dem Managergeschick aus, sondern auch dem regulatorischen Umfeld des Ziellandes.

Die Komplexität bei der Due Diligence steigt.“

Der US-Markt ist bei Private Equity und Private Debt zwar nach Einschätzung Welleins oft unverzichtbar, erfordere aber eine tiefere Due Diligence gerade bezüglich regulatorischer Risiken. Insb. bei Infrastrukturinvestments in Bereichen wie Nachhaltigkeit und Erneuerbare schaffe die hohe Abhängigkeit von staatlichen Programmen erhebliche Risiken.

Thorsten Wellein, Faros.

Die Planungssicherheit bezogen auf Section 899 sei zwar verschwunden, die allgemeine Verunsicherung über das politische Handeln in den USA bleibt. Das Image der USA hält er für angeschlagen. Regulatorische Risiken seien grundsätzlich eine Belastung. „Die Komplexität bei der Due Diligence steigt“, mahnt Wellein.

Stabilere Bewertungen, politische Resilienz und Diversifikation

Auch Jens Witzke, Head of Alternatives Credit Sales der DWS, stellt bei europäischen Investoren eine stärkere Konzentration auf Europa fest. Diese reagieren auf steigende US Treasury-Renditen, die USD-Abwertung und geopolitische Unsicherheiten mit einer Verlagerung von Kapital bzw. geplanten Neuinvestitionen nach Europa – deutlich sichtbar bei Private Debt und Infrastruktur. Auch nicht-europäische Anleger, die bisher die USA meist präferiert haben, wenden sich verstärkt Europa zu. „Stabilere Bewertungen, politische Resilienz und Diversifikationspotentiale werden zunehmend gesehen und als attraktiv bewertet“, so Witzke.

Das Muster im Angesicht der Staatsverschuldung

Michael Kreibich, Berenberg.

All diese verschiedenen Faktoren übertragen sich in die langfristigen Rendite-, Risiko- und Korrelationserwartungen, welche die Basis für die SAA bilden, erklärt Michael Kreibich: „Hier beobachten wir für die US-amerikanischen Anlageklassen zuletzt eine spürbare Verschlechterung.“ In der Folge werde insb. bei deutschen Pensionsplänen wieder ein stärkeres Home-Bias in der SAA sichtbar, so der Head of Institutional Clients bei Berenberg Wealth and AM.

Ad acta legen möchte auch Andreas Hilka, Anlagechef der Höchster Penka, die Angelegenheit nicht: „Die US-Regierung hat so viele Drohkulissen aufgebaut, dass man sich nicht mehr völlig darauf verlassen kann, ob der gewohnte Rechtsrahmen auch für die Zukunft fortgeschrieben werden kann“. Während die EU mit Initiativen wie dem Draghi-Plan versuche, Investoren zu gewinnen, würden die USA nicht nur Handelspartner, sondern auch Investoren zunehmend unter Druck setzen, um bestimmte Ziele herbeizuführen.

Wir sehen uns in den USA mit einer wachsenden ordnungspolitischen Unsicherheit konfrontiert.“

Hilka weiter: „Dazu zählen Gedankenexperimente, wie man etwa Investoren dazu verpflichten könnte, das US-Staatsdefizit – ggf. auch zu marktunüblichen Konditionen – mitzufinanzieren.“ Das Ergebnis der Zollverhandlungen zwischen EU und USA, bei dem die EU sich zu umfassenden Investitionen in den USA verpflichten will, falle genau in dieses Muster.

Andreas Hilka, Hoechster Penka.

Vorstand Hilka bekräftigt: „Vertrauen in die Rechtssicherheit ist ein entscheidender Punkt im Rahmen unserer Investitionsentscheidungen. Denn es geht nicht nur um die Vereinnahmung der laufenden Erträge auf die Kapitalanlage, sondern vielmehr auch um die Rückzahlung und die schadlose Repatriierung des Kapitals selbst. Hier sehen wir uns in den USA mit einer wachsenden ordnungspolitischen Unsicherheit konfrontiert.“ Auch Hilka sieht Illiquide besonders exponiert: „Bei Aktien und Anleihen können wir immer sehr flexibel reagieren, das ist bei illiquiden Anlagen anders, hier sind wir deshalb deutlich vorsichtiger.“ Sein Fazit: „Wir bauen nichts aktiv ab, aber wir sind bei Neuanlagen insb. in illiquiden Märkten vorsichtig.“

Pausieren heißt nicht abschreiben

Dennis Schnutenhaus, Palladio Partners.

Apropos Vorsicht: Palladio Partners hält die USA aufgrund ihrer Marktgröße und Innovationskraft zwar langfristig für weiter attraktiv. Das heißt aber nicht dass man weitermachen müsse wie bisher als sie nichts gewesen. So erklärt Dennis Schnutenhaus, Partner in der Geschäftsleitung von Palladio Partners: „Investoren können kurzfristig pausieren und die weitere Entwicklung abwarten – sollten den Markt aber nicht abschreiben. Letztlich gilt es, für jede Investitionen die strategie- oder projektspezifischen Risiken genau zu verstehen und abzuwägen.“ Schließlich kämen auch die USA an den langfristigen Megatrends Dekarbonisierung und Digitalisierung nicht vorbei, und diese gingen weit über mittelfristige Unsicherheiten hinaus, die einzelne Administrationen oder die Tagespolitik erzeugen können.

Allerdings steht dem der alte Kontinent als attraktiver werdender Investitionsstandort gegenüber: „Gleichzeitig beobachten wir, dass Europa – und hier u.a. insb. Deutschland – wieder deutlich an Nachfrage gewinnt. Hier unterstützen auch politische und fiskalische Impulse – Stichwort Sondervermögen.“ Europa treibe den Ausbau erneuerbarer Energien und Netzinfrastrukturen massiv mit über 1 Bio. Euro Investitionen in saubere Technologien bis 2030 voran, so Schnutenhaus weiter, und zudem biete Europa ein stabiles Rechtsumfeld.

USA bleiben im Spiel

Jens Witzke, DWS.

Viel spricht also für Europa, Witzke nennt ebenfalls v.a. solides Wachstum, Aufwertung des Euro und den klaren regulatorischen Rahmen – insb. bei Nachhaltigkeit und Bankenregulierung. Sektorale Chancen sieht er v.a. bei Infrastruktur und Private Credit, außerdem in der KI-nahen Infrastruktur (Rechenzentren), der Energieversorgung sowie im Verteidigungssektor mit Fokus auf Dual Use-Anwendungen mit hoher strategischer Relevanz.

Jedoch betont auch Witzke: Die USA bleiben nach wie vor ein wichtiger Investitionsmarkt. Bei den Alternatives hebt Witzke den US-Immobilienmarkt hervor – der bei weitem größte und liquideste weltweit.

Weniger vulnerabel?

Wenn also PE-Investitionen wegen ihrer Illiquidität naturgemäß mehr im Fokus der gegenwärtigen Zoll- und Polit-Irritationen stehen als gelistete Assets, dann gibt es hier gleichwohl einen kleinen entspannenden Faktor:

Wie Neuberger Berman im April in seinem Netzwerk an GP-Partnern – eine globale Gruppe von Buyout-, Growth-Equity- und VC-Managern – per Umfrage ermittelte, sollten PE-Portfolios tendenziell ein geringeres direktes Engagement in zollsensiblen Sektoren und Branchen aufweisen, die stark von physischen Importen abhängig sind. Vielmehr zeigen sie Neuberger Berman zufolge ein weitaus größeres Engagement in weniger zollanfälligen Dienstleistungssektoren wie Software (ca. 50% vs. 25% der Börsenindizes). Das Haus leitet daraus ab, dass diese Positionierung es PR-gesponsorten Unternehmen ermöglicht, die Herausforderungen, die typischerweise mit Zolländerungen einhergehen, besser zu bewältigen, und dass das Private Equity-Ökosystem vor diesen Risiken besser geschützt sei.

US-Investoren entdecken die Welt

Daniel Theilen, MFS.

Im Hinblick auf die US-Allokation scheinen die Meinungen also auseinander zu gehen. Während die einen bislang keinen Handlungsbedarf sehen, können andere Investoren und Manager einem stärkeren Home Bias schon einiges abgewinnen. Wachsam sind jedenfalls alle.

Und umgekehrt? Wie blickt man auf der anderen Seite des Atlantiks auf die Sache? Eine interessante Anekdote dazu liefert Daniel Theilen, Leiter der institutionellen Kundenbetreuung beim US-Vermögensverwalter MFS Investment Management: Sein Haus bietet auch sog „internationale“ Strategien an, die im Prinzip reine Ex-US-Strategien sind. Diese waren in den vergangenen 20 bis 25 Jahren kaum ein Thema, berichtet Theilen, und nun sieht er immer wieder Interesse von deutschen Versorgungswerken – aber nicht nur: Interessanterweise laufen diese Ex-US-Strategien bei US-Kunden besonders gut. Offenbar wachsen also auch dort die Zweifel, ob die USA wirklich „the One-and-Only“ bleiben. Während also für manch deutschen Investor das Akronym „Malaga“ – „Make all local Alternatives great again,“ gilt, denkt manch US-Investor offenbar über das Gegenteil nach. Nur die Himmelsrichtung ist die Gleiche: Ostwärts über den Atlantik.

Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier.