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Lurse Round Table Pension Asset Management – Was die GenAI wie verändert:

70 bis 80 Prozent?

Gerade mal zwei Jahre sind vergangen, seit die KI in der Breite echte Funktionalität entwickelt hat – und die Entwicklung läuft stürmisch. Wie alle ökonomischen Sphären ist auch das Asset Management erfasst, und in Frankfurt diskutierten Fachleute des Parketts jüngst Lage und Perspektive. Utta Kuckertz-Wockel hat für AI einige der Aussagen dokumentiert: von theoretisch unbegrenzter Skalierung, dem Unterschied zwischen Funktionalität und ökonomischem Mehrwert, technischen und mentalen Schwellen, der Kombination von GenAI mit menschlichem Urteilsvermögen, dem Risiko selbstverstärkender Tendenzen … und: Wieviel Arbeit wird die AI den Menschen im Asset Management abnehmen können?

Generative KI (GenAI) kann eigenständig neue Text-, Bild– oder Audioinhalte erzeugen. Ihr Einsatz im Asset Management war ein zentrales Thema beim Lurse Round Table Pension Asset Management im August 2025 in Frankfurt am Main. Im Folgenden einige wichtigeAussagen (wie auf PI / AI üblich im Indikativ der Referenten):

 

Baum: funktionieren heißt noch nicht Mehrwert

Nico Baum, Head of Innovation & Data sowie Head of Data Driven Investments des Bankhauses Berenberg spricht von GenAI im Asset Management als große Chance und erheblicher Herausforderung zugleich: „Viele KI-Projekte scheitern daran, dass sie zu stark aus rein technischer Sicht heraus gedacht werden. Sie funktionieren zwar, entfalten jedoch keinen spürbaren ökonomischen Mehrwert.“ Die eigentliche Herausforderung liege daher weniger in der technischen Umsetzung als vielmehr in der organisatorischen Adoption von KI-Anwendungen, also darin, MA zu befähigen und zu motivieren, sie aktiv und wirkungsvoll zu nutzen.

Wir neigen dazu, uns die Zukunft nur als verbesserte Version des Bestehenden vorzustellen.“

Menschen waren schon immer bestrebt, Arbeit zu erleichtern und zu automatisieren. Erst die Dampfmaschine ermöglichte Kräftebündelung, Skaleneffekte und so die industrielle Revolution. „Mit KI-Technologie erreichen wir nun eine neue Stufe der Automatisierung: Skalierung ist theoretisch unbegrenzt möglich, unabhängig von knappen Ressourcen wie Arbeitszeit oder Personal“, erläutert Baum. Trotzdem bleibt die Zahl der Bürobeschäftigten derzeit sehr konstant, die globale Produktivitätsquote stagniert. Woran liegt das?

„Wir neigen dazu, uns die Zukunft nur als verbesserte Version des Bestehenden vorzustellen“, so Baum. „Manchmal aber ist der technische Fortschritt so grundlegend und so rasant, dass er viele Menschen überfordert und Ängste auslöst.“ Daher wurde die Anwendung neuer Technologien häufig verzögert oder ganz verweigert.

Dass die Technik schneller ist als der Geist …

Nico Baum, Berenberg.

Dieses Phänomen lässt sich durch das Modell der technischen und sozialen Schwellenwerte erklären: Während technologische Innovationen, etwa im Bereich der KI, immer schneller voranschreiten, benötigen Organisationen und ihre MA mehr Zeit, um diese Veränderungen zu verstehen, anzunehmen und in ihre Arbeitsweisen zu integrieren.

Auch in Banken zeigt sich dieses Spannungsfeld: Technisch sind viele Institute längst in der Lage, KI-Lösungen produktiv einzusetzen, doch kulturell und organisatorisch ist ihre Bereitschaft zur Veränderung oft noch nicht im selben Maße vorhanden. „Wir erleben, dass die technische Schwelle längst überschritten ist – die mentale jedoch noch nicht“, so Baum.

ist keine neues Phänomen

Ein anschauliches Beispiel für die Diskrepanz zwischen technischer Machbarkeit und gesellschaftlicher Akzeptanz ist die Einführung des ersten Aufzugs im Jahr 1854 durch Elisha Otis. Obwohl der Aufzug einwandfrei funktionierte, lehnten viele Menschen seine Nutzung zunächst ab – aus Angst, Unsicherheit und mangelndem Vertrauen in die neue Technologie. Die Hersteller reagierten darauf mit einer Reihe gezielter Maßnahmen, um die mentale Hemmschwelle zu überwinden:

• Der Einbau von Spiegeln ließ die Kabine weniger beengt erscheinen und verkürzte gefühlte Wartezeit.

• Eingespielte Musik schuf angenehmere Atmosphäre.

• Der Einsatz von Aufzugführern erzeugte Vertrauen. Erst dank der Kontrolle durch Operatoren wurde der Aufzug als sicheres Beförderungsmittel akzeptiert.

Menschen fragen bei neuen Technologien zunächst nach den Risiken, nicht nach den Chancen.“

„Wir erleben derzeit eine technologische Entwicklung, wie es sie in dieser Geschwindigkeit und Tiefe noch nie gegeben hat“, stellt Baum fest, und auch die KI stellt Unternehmen vor die Aufgabe, bestehende Ängste abzubauen und aktiv den Dialog mit ihren MA zu suchen. Es gilt also, den Einsatz moderner KI-Systeme transparent zu erklären und die entscheidenden Fragen offen anzusprechen: Was wollen wir mit der Technologie erreichen? Welche Aufgaben oder Rollen werden sich verändern, und welche bleiben bestehen? Das Bedürfnis nach Kontrolle ist hier von zentraler Bedeutung. Menschen fragen bei neuen Technologien zunächst nach den Risiken, nicht nach den Chancen. Umso wichtiger ist es, letztere zu betonen. KI muss für die MA verständlich, greifbar und vertrauenswürdig werden, um den technologischen Fortschritt für ein Unternehmen nutzbar zu machen.

Berenberg beschäftigt sich bereits seit 2018 intensiv mit KI. So werden heute rund 6 Mrd. Euro an institutionellen Geldern mithilfe traditioneller, KI-gestützter Risikomanagementsysteme verwaltet.

Mit dem Durchbruch von Generativer KI im Jahr 2022 entwickelte Berenberg ein umfassendes Rahmenwerk, das zwei zentralen Zielen dient: Zum einen erhalten MA produktive KI-Tools an die Hand, die im Arbeitsalltag messbare Effizienzgewinne ermöglichen. Zum anderen werden strategische KI-Anwendungen aufgebaut, die direkt aus geschäftlichen Anforderungen heraus entstehen. Dabei reichert Berenberg die Modelle gezielt mit proprietären Daten und intellektuellem Eigentum (IP) an – etwa im Equity Research.

Wie konkret?

GenAI lässt sich im Asset Management z.B. in drei Bereichen einsetzen, erklärt Baum:

• Research und Analyse von Finanzberichten: etwa in der Kapitalmarktforschung, der Analyse von Finanzberichten, der Suche und Synthese von Finanzdokumenten etc.

• Prozessautomatisierung: bspw. bei der Code-Erstellung oder Überprüfung, in der Automatisierung von Due Diligence-Prozessen, als KYC-Assistent oder zur Unterstützung von Frühwarnsystemen im Risikomanagement.

• Mitarbeiterproduktivität: höhere Entwicklereffizienz (schnelleres Testen und Debuggen von Code), automatisierte Content-Generierung im Marketing, Unterstützung bei RFP-Prozessen oder die Zusammenfassung relevanter Erkenntnisse aus E-Mails, Meetings und Schulungsinhalten.

Der Einsatz Generativer KI im Asset Management entlastet also Fachkräfte bei der Zusammenstellung und Analyse von Daten und ermöglicht es ihnen, sich stärker auf die Bedürfnisse der Kunden zu konzentrieren. Dadurch verbessert sich deren Betreuung. Baum geht davon aus, dass Generative KI zukünftig 70 bis 80% der Aufgaben im Asset Management erledigen kann.

Die Meinung der Experten

Georg Boos, Commerzbank.

Georg Boos, Direktor, Pensions, Commerzbank AG, Geschäftsführer, CommerzTrust:GenAI transformiert das Asset Management mit präziseren Analysen, besseren Prognosen und personalisierten Anlagestrategien. Sie automatisiert Prozesse und schafft dadurch neue zeitliche Freiräume. Herausforderungen wie Datenqualität, Regulierung und Transparenz bleiben. Mit dem Einsatz von GenAI kommt auch große Verantwortung.“

 

Christian Bunk, Gothaer.

Christian Bunk, Vertriebsleiter, Gothaer Invest- und FinanzService:Für Asset Manager sehe ich in GenAI den nächsten großen Schritt: Unternehmensanalysen erfolgen blitzschnell und werden präziser. Bislang unberücksichtigte Märkte oder Firmen gehören bald zum Standard-Repertoire. In Echtzeit können Social Media-Daten von Unternehmen aggregiert werden, um sie direkt in Bewertungen einfließen zu lassen. So wird Zukunft mit datengetriebenen Entscheidungen gestaltet.“

Alina Paul, Berenberg.

Alina Paul, Head of Institutional Sales, Berenberg: Generative KI verändert, wie wir investieren, analysieren und beraten. Sie macht komplexe Zusammenhänge schneller verständlich, schafft Raum für individuellere Lösungen und ermöglicht es uns, noch gezielter auf die Bedürfnisse unserer Kunden einzugehen – mit dem Ziel, echten Mehrwert in einer zunehmend datengetriebenen Welt zu schaffen.“

 

Dominik Schneider, Fidelity.

Dominik Schneider CEFA, CIIA, Head of Relationship Management Workplace Investing Germany, Fidelity International Für uns ist klar: GenAI wird zum Game Changer im Asset Management. Es verschlankt Prozesse, beschleunigt Analysen und schafft neue Möglichkeiten der Interaktion mit Kunden. Doch Technologie allein reicht nicht – entscheidend bleibt die Kombination von GenAI mit menschlichem Urteilsvermögen, damit Effizienz, Transparenz und regulatorische Sicherheit Hand in Hand gehen. So entsteht echter Mehrwert für unsere Kunden.“

Heiko Tessendorf, AGI.

Heiko Teßendorf, Teamleiter institutionell Clients, Allianz Global Investors: Das Research wird schneller und präziser. Davon werden unsere Portfolio Manager in ihren Entscheidungen profitieren und letztendlich auch unsere Investoren. Unsere Kunden erhalten zudem einen stärker personalisierten Service. Komplexität durch individuelle Produktanforderungen wird beherrschbarer. Private Market Investments, bisher wenig automatisierbar, gewinnen an Effizienz – und eröffnen Raum für innovativere, attraktivere Lösungen.“

Thomas Huth, Lurse.

Thomas Huth, Partner, Lurse:Insbesondere im Research und der Entscheidungsvorbereitung besteht erhebliches Potenzial, Prozesse zu präzisieren und zu beschleunigen. Allerdings bringt der Einsatz von GenAI auch Herausforderungen mit sich. Die Abhängigkeit von der Datenqualität, regulatorischen Anforderungen und Transparenz bleibt zentral. Zudem birgt die Technologie das Risiko selbstverstärkender Tendenzen. Werden KI-Modelle auf Basis ihrer eigenen Vorhersagen oder Analysen trainiert, können sich Verzerrungen im Zeitverlauf verstärken. Ebenso besteht die Gefahr, dass das menschliche Urteilsvermögen durch eine übermäßige Automatisierung in den Hintergrund tritt.“

Utta Kuckertz-Wockel ist Senior Managerin bei Lurse.

Von ihr und anderen Autorinnen und Autoren der Lurse sind zwischenzeitlich bereits auf PENSIONSINDUSTRIES / ALTERNATIVESINDUSTRIES erschienen:

Lurse Round Table Pension Asset Management –  Was die GenAI wie verändert:
70 bis 80 Prozent?
Von Utta Kuckertz Wockel, 14. Oktober 2025

Lurse Round Table Pensionskassen zur AnlV:
Weniger Einschränkungen mit Einschränkungen
von Susanne Lang und Utta Kuckertz-Wockel, 12. Mai 2025

Wertpapiergebundene Zusage Allianz Plug-In Pension:
Auf Knopfdruck für den Mittelstand
von Michaela Sommer und Adelheid Lanz, 29 April 2025

Talking Heads TacAd Vol 15 – Lurse, BMW, Bosch, Henkel:
Von Bagatelleanwartschaften und Opting-out
Interview geführt von Utta Kuckertz-Wockel, im Dezember 2025

Zeitgemäße Benefits:
Die Betriebsrente gehört immer dazu
von Sandra Mekler und Philipp Dienstbühl, 11. Dezember 2024

Lurse Round Table Pensionskassen – BRSG 2.0 (VI):
Der Blick auf die Pensionskassen, namentlich ...
von Utta Kuckertz-Wockel, 7. November 2024

Kommunikation und Mitarbeiterportale:
Tue bAV – und rede darüber!
von Anika Krist und Carsten Ganz, 24. April 2024

Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz:
Von der Übergangszeit zur Automatisierung
von Dr. Stefan Birkel, 16. Februar 2024

Lurse Round Table:
Wenn drei Große gleichzeitig schwächeln …
von Utta Kuckertz-Wockel, 23. Januar 2024

Lurse-Webinar am 7. Dezember:
Neugestaltung einer bAV nach Konzernausgliederung
von Utta Kuckertz-Wockel, 21. November 2023

Lurse Round Table „Frauen in der bAV“:
Update aus der Wilhelmstraße
von Utta Kuckertz-Wockel, 26. Juli 2023

Betriebliche Altersversorgung:
Ordnung ist das halbe ...
von Miroslaw Staniek. 5. Juli 2023

Lurse Round Table „Frauen in der bAV“:
Munter“ in das Jahr
von Utta Kuckertz-Wockel, 6. Februar 2023

Lurse Round Table „Pension Asset Management“:
In dieser Form noch nicht erlebt“
von Utta Kuckertz-Wockel, 12. Dezember 2022

Kostenloses Webinar zu Zeitwertkonten:
Viele Wege, keine Blaupause ...
von Utta Kuckertz-Wockel, 1. September 2022

Lurse Round Table Frauen in der bAV:
Viele offene Türen
von Utta Kuckertz-Wockel, 1. August 2022

Das BMAS zu Perspektiven in der Altersversorgung:
Es hat nicht an dem Gesetz gelegen“
von Utta Kuckertz-Wockel, 20. Juni 2022

In den Zeiten des Fachkräftemangels:
Multimediale bAV-Kommunikation stärkt Mitarbeiterbindung
von Adelheid Lanz, 24. März 2022

Rethinking Pension:
Inflation enteignet
von Utta Kuckertz-Wockel, 17. Februar 2022

Round Table Frauen in der bAV (II):Covid, Frauen, bAV ...
Corona vertieft Pension Gap
von Utta Kuckertz-Wockel, 12. Juli 2021

Round Table Frauen in der bAV (I):
Zwischen Eis und Pipeline
von Utta Kuckertz-Wockel und Isabel Noe, 8. Juni 2021

REthinking Pensions:
auch außerhalb eines Sozialpartnermodells
von Utta Kuckertz-Wockel und Matthias Edelmann, 8. Januar 2021

Studie: Das BRSG …
und der Verlauf der Entgeltumwandlung
von Miroslaw Staniek und Björn-Schütt-Alpen, 9. November 2020

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

Alle Bilder von Kassandra ab Februar 2025 sind KI-generiert.

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